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Die negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage hat Relevanz in der folgenden, nach Erfahrung des Autors nicht seltenen Fallkonstellation:
Kommt es mit einem ausländischen Geschäftspartner zum Streit, z.B. hinsichtlich vermeintlicher Ansprüche aus einem Vertrag, ist es aus Sicht des deutschen Vertragspartners ratsam, sich frühzeitig über mögliche prozessuale Szenarien Gedanken zu machen für den Fall, dass eine Einigung scheitert. Ist entgegen der getroffenen Vereinbarungen damit zu rechnen, dass der ausländische Partner eine Klage im Heimatland beabsichtigt, so sollten Sie umgehend über die Erhebung einer präventiven sog. negativen Feststellungsklage am vereinbarten deutschen Gerichtsstand nachdenken. Dies legt allein schon der Umstand nahe, dass die Rechtsverfolgungskosten im Ausland meist sehr erheblich höher sind als in Deutschland. Zudem wird es dem deutschen Partner meist an einem geeigneten anwaltlichen Kontakt im betreffenden Land fehlen.
Zu richten wäre eine solche Klage, die ein ausländisches Verfahren verhindern soll, auf die Feststellung, dass die vom ausländischen Partner behaupteten Ansprüche nicht bestehen.
Nachfolgender Beitrag zeigt überblicksmäßig auf, was bei der negativen Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klagezu beachten ist.
Ausgangspunkt: Schneller sein!
Um die Erfolgsaussichten der beabsichtigten negativen Feststellungklage nicht grundlegend zu gefährden, sollten Sie unbedingt schneller sein als der ausländische Partner, um so den Einwand einer der negativen Feststellungklage entgegenstehenden anderweitigen internationalen Rechtshängigkeit zu vermeiden.
Die Berücksichtigung einer entgegenstehenden internationalen Rechtshängigkeit setzt voraus, dass eine Identität der Parteien in beiden Verfahren gegeben ist, der Streitgegenstand identisch ist und dass die ausländische Rechtshängigkeit vor der Rechtshängigkeit bei einem deutschen Gericht eingetreten ist (Prioritätsprinzip).
Rechtshängigkeit tritt mit wirksamer Zustellung der jeweiligen Klage ein. Es genügt mithin nicht, schnellstmöglich die negative Feststellungsklage bei Gericht einzureichen. Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Klage auf rechtlich wirksame Art und Weise die andere Partei erreicht. Zu empfehlen ist daher, die Zustellung der negativen Feststellungklage nicht einfach dem angerufenen deutschen Gericht zu überlassen und abzuwarten. Es hat sich bewährt, in direkten Kontakt mit dem zuständigen Richter zu treten und mit diesem die schnellstmögliche Zustellung abzustimmen.
Zuständigkeit des deutschen Gerichts
Die Abwehr einer Leistungsklage im Ausland mittels der negativen Feststellungsklage hat allein dann Aussicht auf Erfolg, wenn tatsächlich aus rechtlicher Sicht das deutsche Gericht für die Leistungsklage zuständig wäre.
Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts folgt im Allgemeinen aus dem herrschenden Grundsatz, dass der Kläger einer negativen Feststellungsklage an seinem Wohn- bzw. Geschäftssitz, also dort, wo umgekehrt die Leistungsklage gegen ihn zu erheben wäre, klagen kann (Volkommer in: Zöller, ZPO, 29. Auflage 2012, § 12 Rn. 3).
Eine Gerichtsstandsvereinbarung, wonach sich die Parteien auf einen Gerichtsstand am Sitz des deutschen Geschäftspartners verständigt haben, würde die Zuständigkeit des deutschen Gerichts zusätzlich bzw. alternativ begründen:
Gerichtsstandsvereinbarungen halten im Allgemeinen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand: Es ist bereits im nationalen Rechtsverkehr anerkannt, dass die in § 38 ZPO ausdrücklich vorgesehenen Gerichtsstandsklauseln zwischen Unternehmern prinzipiell nicht zu beanstanden sind (vgl. etwa OLG Schleswig, Beschluss vom 21. 6. 2006, Az.: 2 W 88/06; OLG Karlsruhe NJW 1996, 2041). Im internationalen Rechtsverkehr ist das Bedürfnis für Gerichtsstandsvereinbarungen noch erheblich größer. Denn nur durch sie können die Parteien im Voraus das Verfahrensrecht und indirekt damit auch das maßgebliche Sachrecht bestimmen, nach dem sich die Wirksamkeit der vertraglichen Regelungen richtet. Gerichtsstandsvereinbarungen sind Kern jedes transnationalen Vertrages. Grundsätzlich sind Gerichtsstandsklauseln in AGB daher auch und erst Recht im internationalen Rechtsverkehr weder überraschend noch als solche inhaltlich unangemessen (vgl. Wurmnest in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 307 Rn. 249).
Sonderfall: Mehrere deutsche Kläger
Für den Fall, dass es auf deutscher Seite mehrere Beteiligte gibt, von denen sich nur einer auf eine Gerichtsstandsvereinbarung berufen kann, hat das Oberlandesgericht München eine begrüßenswerte Entscheidung getroffen. Das OLG München hat zutreffend festgestellt (Beschluss vom 18.08.2009, Az.: 31 AR 355/09):
„Ist es dem Kläger ausnahmsweise gestattet, an seinem Wohnsitz zu klagen, so können mehrere Kläger als aktive Streitgenossen unter den verschiedenen Wohnsitzgerichten der Kläger auch dann wählen, wenn der Klägergerichtsstand nicht ausschließlich ist (hier: Klägergerichtsstand für negative Feststellungsklage).“
Hieraus ist abzuleiten, dass sich einer zulässig in Deutschland erhobenen negativen Feststellungsklage weitere Kläger, soweit sich der Streitgegenstand deckt, anschließen können.
Bestehen eines Feststellungsinteresses für eine negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage
Neben der Zuständigkeit des deutschen Gerichts erfordert die negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage ein Feststellungsinteresse des Klägers.
Das für eine negative Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entsteht regelmäßig dann, wenn der Beklagte sich eines Anspruchs berühmt (vgl. z.B. BGH NJW 2008, 2842).
In der vorliegenden Konstellation geht es dem Kläger darum, eine Leistungsklage im Ausland zu verhindern. Gleichzeitig möchte er Rechtssicherheit hinsichtlich der vom ausländischen Partner behaupteten Ansprüche schaffen.
Dies begründet hinreichend ein Feststellungsinteresse zur Erhebung einer negativen Feststellungsklage.
Kein Wegfall des Feststellungsinteresses – Ausnahmsweise keine Subsidiarität der negativen Feststellungsklage bei Unzulässigkeit der Leistungsklage
Das zunächst begründete Feststellungsinteresse entfällt nach zutreffender Ansicht auch nicht, wenn der ausländische Beklagte eine Leistungsklage vor seinem Heimatgericht erhebt.
Eine solche Leistungsklage wäre in der vorliegenden Konstellation nicht geeignet, die negative Feststellungsklage zu verdrängen. Sie ist nicht vorrangig, denn auf die Leistungsklage hin kann keine Sachentscheidung ergehen, da die Leistungsklage mangels Zuständigkeit des ausländischen Gerichts unzulässig ist.
Grundsatz: Vorrang der Leistungsklage
Die Subsidiarität der negativen Feststellungsklage gegenüber einer Leistungsklage über denselben Streitgegenstand ist ein grundlegendes Prinzip des Prozessrechts und wird mit Erwägungen der Prozessökonomie und des Rechtsschutzes begründet (Foerste in: Musielak, Kommentar zur ZPO, 10. Auflage 2013, § 256, Rn 16).
Die Voraussetzungen für diesen Grundsatz wurden bereits durch das Reichsgericht formuliert und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur weitergetragen (statt aller: Urteil des BGH vom 21. Dezember 2012, X ZR 17/03).
Demnach entfällt das Feststellungsinteresse nicht automatisch aufgrund der Erhebung einer Leistungsklage. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Leistungsklage geeignet ist, das schon laufende Verfahren zur Feststellungsklage zu verdrängen oder ob anerkannte Ausnahmen von dem Grundsatz der Subsidiarität vorliegen, die die Fortführung des Verfahrens gebieten (Urteil des Reichsgerichts vom 25. März 1936, Seite 69 ganz oben).
Ausnahme: Auf Leistungsklage könnte kein Sachurteil ergehen
Die wesentliche Voraussetzung für die Verdrängung der zuerst rechtshängigen negativen Feststellungsklage ist, dass die Leistungsklage ein Sachurteil hervorbringen kann.
Der Reichsgerichtshof hat dazu grundlegend erklärt (Urteil des Reichsgerichts vom 25. März 1936, Seite 69 ganz unten):
„(… Es kommt) allein darauf an, dass zur Zeit der Schlussverhandlung im gegenwärtigen Rechtsstreit anzunehmen war, der Berliner Rechtsstreit [Anm.: Leistungsklage] werde zur sachlichen Entscheidung führen.“
Grund für die Verdrängung der negativen Feststellungsklage ist also, dass die Entscheidung über die Leistungsklage die Feststellungsklage überflüssig macht und der Prozess daher nicht mehr weitergeführt zu werden braucht. Dieser Umstand muss aber auch zwingend gegeben sein, um die Beendigung des laufenden Verfahrens zu rechtfertigen.
So führte der Bundesgerichtshof aus (BGH-Urteil vom 18. Oktober 1967, Rn 63):
„Es ist zwar denkbar, daß das Feststellungsinteresse bei einer leugnenden Feststellungsklage ausgeräumt wird, wenn der Gegner Klage auf Erfüllung der Forderung erhebt, deren Nichtbestehen festgestellt werden soll, und diese Klage nicht mehr einseitig zurücknehmen kann (RGZ 151, 65 f). Das kann aber nur gelten, wenn die Leistungsklage in einer prozeßwirtschaftlich ebenso geeigneten Weise wie die leugnende Feststellungsklage das streitige Rechtsverhältnis klärt, es also zur Beseitigung der Unsicherheit nicht mehr des Feststellungsurteils bedarf.“
Nur wenn sachlich über den Streit im Rahmen der Leistungsklage entschieden werden kann, entfällt das Feststellungsinteresse und die Leistungsklage genießt Vorrang (Becker-Eberhard in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 256, Rn 61). Die Vorrangwirkung der Leistungsklage setzt also ein Sachurteil voraus. Ein Sachurteil kann nur ergehen, wenn die Leistungsklage zulässig ist. Auf eine unzulässige Klage ergeht kein Sachurteil. Aus diesem Grund bleibt die unzulässige Leistungsklage ohne Einfluss.
Dies stellte der Bundesgerichtshof ausdrücklich fest (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1996 – VIII ZR 154/95):
„Das Feststellungsinteresse entfällt ausnahmsweise dann nicht, wenn […] die in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage auf Leistung […] unzulässig ist.“
Daraus folgt, dass eine unzulässige Leistungsklage keine Vorrangwirkung hat.
Fazit
Die negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage hat sich in der anwaltlichen Praxis des Autors bereits mehrfach bewährt. Droht im Konfliktfall mit einem ausländischen Partner ein Gerichtsverfahren im Heimatland des Partners, lässt sich dies über den Weg der negativen Feststellungsklage häufig verhindern und spart Ihnen viel Ärger und vor allem Kosten. Erforderlich ist, dass:
- die deutschen Gerichte für den Konflikt zuständig sind,
- Sie dem ausländischen Partner zeitlich zuvorkommen, und
- der ausländische Partner bereits irgendwie angedeutet hatte, Forderungen gegen Sie einklagen zu wollen.
Sollten Sie demgegenüber bereits eine Klage aus dem Ausland erreicht haben, lesen Sie in meinem diesen Fall betreffenden Beitrag, welche Reaktionsmöglichkeiten für Sie dann in Betracht kommen.
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Die vertragliche Vereinbarung von Freihaltepflichten ist ein bis heute selten angewandtes vertragliches Instrument. Dabei können solche Freihaltevereinbarungen gerade in Mehr-Parteien-Konstellationen sehr hilfreich sein. Ein besonders relevantes Beispiel liegt im Bereich des sehr komplexen und daher streitträchtigen Anlagenbaus.
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Die Frage der Anerkennung und Vollstreckbarkeit von ausländischen Urteilen in Deutschland hat hohe praktische Relevanz: Wenn im Konfliktfall ein ausländischer (außereuropäischer) Geschäftspartner mit einer Klage in seinem Heimatland droht, muss entschieden werden, ob eine Verteidigung gegen eine etwaige Klage im Ausland sinnvoll erscheint oder nicht.
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