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Das vom Verband sozialer Wettbewerb (VSW) initiierte Chaos rund um die Influencer-Szene geht weiter. Das Landgericht Karslruhe hält im Fall Pamela Reif auch unbezahlte Posts für grundsätzlich kennzeichnungspflichtig. Damit hat sich das LG Karslruhe in einen grundlegenden Widerspruch zum erst im Januar ergangenen Urteil des KG Berlin im Fall Vreni Frost gesetzt, das erfreulicherweise eine differenzierte Auffassung vertritt.
Das Urteil des LG Karlsruhe (Az. 13 O 38/18 KfH)
Mit Urteil vom 21.3.2019 hat das LG Karlsruhe (Az. 13 O 38/18 KfH) entschieden (vgl. Pressemitteilung des LG Karlsruhe), dass von Influencern – hier: Pamela Reif – auch unbezahlte Posts dann als Werbung zu kennzeichnen sind, wenn im Ergebnis mit diesen Posts auch die eigene geschäftliche Aktivität als Influencerin gefördert werden soll.
In der Pressemitteilung heißt es:
„Das Gericht sieht in dem Vorgehen der Beklagten einen Wettbewerbsverstoß. Die Posts der Beklagten wecken das Interesse an den getragenen Kleidungsstücken etc. Indem die Nutzer durch nur zwei Klicks auf die Herstellerseite gelangen können, werden Image und Absatz des jeweiligen Herstellers gefördert. Dass die Beklagte durch das Taggen nach eigener Darstellung vorrangig Nachfragen der Follower („Woher hast du dein Kleid?“) vermeiden möchte, steht dem zugleich verfolgten geschäftlichen Zweck nicht entgegen.
(…)
Es ist das Wesen der Influencer-Werbung, dass der Influencer immer zugleich an seinem Image und seiner Authentizität arbeitet, wozu er die passenden Marken und Artikel bewirbt, und den Kreis seiner Follower „pflegt“, die seine Glaubwürdigkeit schätzen und Teil der Community „ihres“ Influencers sein möchten. Insofern fördert die Beklagte durch ihre Posts stets auch ihre eigenen geschäftlichen Aktivitäten. Denn Unternehmen sind für ihre Werbung an möglichst glaubwürdigen Werbeträgern interessiert.Eine Kennzeichnung als Werbung ist auch nicht entbehrlich. Keinesfalls wissen alle Follower den werblichen Charakter des Auftretens von Influencern einzuschätzen; dies gilt insbesondere für die teils sehr jungen Abonnenten der Beklagten.“
Widerspruch zum Berufungsurteil des KG Berlin („Vreni Frost“, Az. 5 U 83/18)
Das LG Karlsruhe setzt sich damit in klaren Widerspruch zum Urteil des Kammergericht Berlin vom 9.1.2019 (Vreni Frost-Urteil), welches die Dinge zugunsten der Influencer erfreulicherweise wieder ein Stück weit zurechtgerückt hatte:
Das Kammergericht hatte im hier interessierenden Punkt das erstinstanzliche Urteil gegen Vreni Frost aufgehoben und – meiner Meinung nach zutreffend – festgestellt, dass Post, die Kleidungstücke, Schuhe und Accessoires etc. zeigen, nicht generell als Werbung zu kennzeichnen sind. Das KG Berlin hat ausgeführt (Urteil vom 08. Januar 2019, Az. 5 U 83/18; Hervorhebungen durch den Autor):
„Es ist davon auszugehen, dass Internetauftritte wie der von der Antragsgegnerin betriebene Account unter “…” besucht werden, weil die Nutzer sich auch dafür interessieren, welche Kleidung, Schuhe und Accessoires die Bloggerin ausgewählt und miteinander kombiniert hat. Das Interesse der Besucher beschränkt sich nicht darauf, Bilder anzusehen. Naturgemäß geht es zumindest auch darum, Auswahl und Kombinationen nachzumachen oder Anregungen für die eigene Aufmachung zu finden. Die Mitteilung, unter welcher Marke die vorgestellten Produkte angeboten werden und wo sie bezogen werden können, beantwortet dann ein bestehendes Informationsbedürfnis.
Die Erklärung der Antragsgegnerin, sie tagge die abgebildeten Kleidungsstücke, Schuhe und Accessoires, um Anfragen der Besucher ihres Instagram-Auftritts zuvor zu kommen, erscheint daher plausibel. Die Antragsgegnerin hat zudem Beispiele für derartige Nachfragen vorgelegt (vgl. Anlage AG 21 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2018).
Es gilt insoweit nichts anderes als für Modezeitschriften, die aus dem gleichen Grund entsprechende Angaben zu Herstellern und Bezugsquellen enthalten. Die von der Antragsgegnerin im Anlagenkonvolut BK 7 zu ihrem Schriftsatz vom 27. Dezember 2018 veranschaulichen dies deutlich. Dort werden neben abgebildeten Produkten nicht nur der Hersteller der Produkte genannt, sondern auch Internetadressen, über die die Produkte bezogen werden können.“
Weiter hat das KG Berlin zutreffend festgestellt (Hervorhebungen durch den Autor):
„Das Bestreben eines Influencers, Werbeeinnahmen zu erzielen, rechtfertigt es nicht, ihn zu verpflichten, jede Äußerung mit einem Hinweis zu versehen, mit dem der Verkehr einen nachrangigen oder minderen Wert des Beitrags verbindet. Insoweit kann für einen Influencer nichts anderes gelten, als für andere Medienunternehmen, die sich durchweg zumindest auch über Werbeeinnahmen finanzieren und für Auftraggeber insbesondere dann attraktiv sind, wenn eine Vielzahl von Personen erreichen, ganz gleich, ob man diese nun als Leser, Zuschauer oder Follower bezeichnet.
Eine Differenzierung nach dem Gegenstand der redaktionellen Berichterstattung bzw. der Meinungsäußerung ist mit der Meinungsäußerungs- und Medienfreiheit nicht vereinbar. Berichte über Modetrends sind nicht weniger schützenswert als Berichte über gesellschafts- und tagespolitische Themen.“
Bewertung
Während das KG Berlin erfreulicherweise von gerichtlicher Seite endlich einmal klargestellt hatte, dass Influencerinnen wie Vreni Frost, Pamela Reif u.a. trotz des anderen Umfelds sachlich betrachtet nichts anderes machen als herkömmliche Modezeitschriften, hat das LG Karlsruhe – wie bereits andere Gerichte zuvor – genau diesen entscheidenden Punkt verkannt. Das LG Karlsruhe spricht Influencerinnen, die über Plattformen wie YouTube oder Instagram über Mode berichten, Rechte ab, die herkömmlichen Verlagen, die in Zeitschriften inhaltsgleich zu den hier in Rede stehenden Influencerinnen vornehmlich über Mode berichten, seit jeher zugebilligt werden. Die Sicht des LG Karlsruhe wird umso unverständlicher, wenn man bedenkt, dass es Influencer als Botschafter für Marken seit jeher gegeben hat, und diese von den klassischen Printmedien schon seit langer Zeit eingesetzt werden. Zu denken ist beispielsweise an das Magazin „Barbara“, welches auf der Influencerin Barbara Schöneberger basiert. Frau Schöneberger macht in „Barbara“ letztlich nichts anderes, als Pamela Reif auf Instagram.
Fazit/Ausblick
Es bleibt zu hoffen, dass der BGH in seinem bald zu erwartenden Urteil die Rechtsprechung des KG Berlin höchstrichterlich fortschreibt.
Es macht aus meiner Sicht schier sprachlos, dass eine Vielzahl deutscher Gerichte ganz offensichtlich nicht in der Lage ist, die über das Internet möglich gewordenen Medientypen zutreffend einzuordnen (vgl. dazu den Artikel im „Handelsblatt“ vom 15./16./17.3.2019). Folge dieses Unvermögens ist derzeit eine rechtliche Diskriminierung der sog. Influencer.
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