LEGAL+

LEGAL+ NEWS

Vertragsrecht: Zum Durchstellen von Verträgen im Baurecht - speziell im Anlagenbau

Im Baurecht, vor allem im Bereich Anlagenbau, übernimmt der regelmäßig beauftragte Generalunternehmer sehr beträchtliche Risiken. Ein charmanter Weg, um diese Risiken zu begrenzen, kann für ihn das Durchstellen von Verträgen oder einzelner relevanter Vertragsbedingungen an seine Subunternehmer sein.

Hierbei vereinbart der Generalunternehmer mit jedem seiner Subunternehmer, dass sämtliche Pflichten aus dem Generalunternehmervertrag (Hauptvertrag), soweit sie das Gewerk des Subunternehmers betreffen, an diesen „weitergeleitet“ werden. Der Generalunternehmer reicht so die betreffenden Pflichten 1:1 an seine Subunternehmer durch.

Nachfolgender Beitrag befasst sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen einer solchen Vertragskonstruktion mittels Durchstellen von Verträgen, insbesondere mit der Frage, inwieweit gegen eine solche Konstruktion Wirksamkeitsbedenken bestehen könnten.

 Grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen Vertragsgestaltung

Verträge mit Nachunternehmern (Sunbunternehmerverträge) sind grundsätzlich selbstständige Bauleistungsverträge, aus denen sich die Rechte und Pflichten unabhängig vom Hauptvertrag ergeben (Junghenn, Beck VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage 2013, Rn. 24).

Die Übertragung der Pflichten des Generalunternehmers gegenüber dem Bauherrn aus dem Hauptvertrag auf Nachunternehmer ist dabei eine grundsätzlich rechtlich mögliche und in der Praxis ausgeübte Vertragskonstellation:

Diese Möglichkeit ergibt sich beispielsweise schon aus der VOB/B, geregelt in § 4 Abs. 8: Danach hat zwar der Auftragnehmer die Leistung in Eigenbetrieb zu erbringen, er kann aber auch ohne Zustimmung des Auftraggebers Nachunternehmer beauftragen, wenn die konkrete Leistung nicht in sein Fachgebiet fällt.

Letzteres ist gerade im Anlagenbau wohl die Regel. Selten dürfte ein Generalunternehmer beim Bau komplexer Anlagen über sämtliche der erforderlichen Fachkompetenzen selbst verfügen.

Es ist hierbei auch eine anerkannte Möglichkeit des Generalunternehmers, seine Werkleistungen in Gänze  auf Nachunternehmer zu vergeben (Junghenn, Beck VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage 2013, Rn. 8). Der Generalunternehmer nimmt dann eine Art Zwischenhändlerfunktion ein (Klaus Ramming: Überlegungen zur Ausgestaltung von Nachunternehmerverträgen durch AGB, BB 1994, Heft 8, 518).

Unabhängig davon können zwischen Auftragnehmer und Nachunternehmern im und zum Nachunternehmervertrag inhaltlich gleiche und gleichlaufende Regelungen getroffen werden, wie sie sich im davon rechtlich eigenständigen Hauptvertrag zwischen Auftragnehmer und seinem Auftraggeber finden; dabei hat der Auftragnehmer (oft als Generalunternehmer), der „zwischen den zwei Stühlen“ Auftraggeber und Nachunternehmer sitzt, zwangsläufig ein begründetes Interesse an der Parallelschaltung (Synchronität) wichtiger Regelungen des Generalunternehmervertrags einerseits und des Nachunternehmervertrags andererseits (Junghenn, Beck VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage 2013, Rn. 24).

Schließlich ist auch das Durchstellen von Regelungen des Hauptvertrages durch schlichte Verweisung grundsätzlich rechtlich möglich (Richter in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Auflage 2012, Rn. 238). Dies gilt in jedem Fall für die Synchronisierung der Leistungspflichten (Kimmich/Bach VOB für Bauleiter, 6. Auflage 2014, Rn. 408).

Unwirksamkeit im Einzelfall nach AGB -Prüfung

Die einzig verbleibende Problematik in diesem Zusammenhang könnte damit sein, dass das Verweisen auf die Regelungen des Hauptvertrages im jeweiligen Einzelfall zur Anwendung des AGB- Rechts führen könnte und daraus für einzelne Klauseln eine mögliche Unwirksamkeit in Betracht kommt.

Sofern über die Einbeziehung der Regelungen des Hauptvertrages in den Subunternehmervertrag nicht verhandelt worden ist, dürfte das AGB-Recht regelmäßig zur Anwendung kommen.

Eine AGB-rechtliche Unwirksamkeit kommt dabei beispielsweise beim Durchstellen von Klauseln zu Verjährungsfristen, außerordentlichen Kündigungsrechten sowie der Fälligkeit in Betracht (vgl. Zusammenstellung von Richter in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Auflage 2012, Rn. 240- 246).

Wichtig: Durchstellen der Leistungspflichten AGB-rechtlich unbedenklich!

Hinsichtlich der wohl wichtigsten und zugleich haftungsträchtigsten Klausel, nämlich der Weiterreichung der Leistungspflichten, bestehen allerdings regelmäßig keinerlei Wirksamkeitsbedenken.

Der  Verweis auf den Hauptvertrag betreffend die Leistungspflichten dürfte bereits keine AGB-Regelung darstellen. Zudem dürfte ein solcher Verwies auch AGB-rechtlich unbedenklich sein.

Die im Hauptvertrag geregelten Leistungspflichten stellen regelmäßig selbst keine AGB dar, weil diese wohl immer individuell zwischen Auftraggeber und Generalunternehmer vereinbart werden. Diese Individualvereinbarung wird auch nicht dadurch zu AGB, dass sie mit mehreren Subunternehmern per Verweis vereinbart werden.

Ohnehin findet gegebenenfalls eine AGB-Prüfung bezüglich des Leistungsumfangs ohnehin nur begrenzt statt. Sie beschränkt sich auf eine reine Transparenzkontrolle, eine Inhaltskontrolle findet nicht statt.

Construction

Fazit

Das Durchstellen von Verträgen des Generalunternehmers auf Nachunternehmer ist bei Individualabreden unproblematisch zulässig.

Bei Vorliegen von AGB können sich für das Durchstellen einzelner Klauseln Probleme ergeben. Dies gilt aber regelmäßig  nicht bezüglich des Durchstellens der Leistungsbeschreibung.

Sie haben Fragen dazu?

AKTUELLE BEITRÄGE

Young serious businesswoman in suit intently looking away working with papers on street
Handelsrecht

Der Vorvertrag

In der Geschäftswelt sind laufend Entscheidungen zu treffen. Viele solcher Entscheidungen bestehen darin, sich in einem Projekt für einen bestimmten Partner entschieden zu haben, mit dem dann ein entsprechender Vertrag abzuschließen ist. Das häufige Problem ist dann: Es fehlt die Zeit bzw. auch einfach nur an bestimmten Klärungen tatsächlicher und/oder rechtlicher Art, den Vertrag „ adhoc“ schließen zu können. Dann kommt der Vorvertrag ins Spiel, durch den die Parteien sofort eine Bindung herbeiführen können, obwohl noch offene, klärungsbedürftige Punkte existieren.

Weiter lesen »
Construction of building
Handelsrecht

Fertigstellungsgrad des Werkes

In den das Recht zur Verweigerung der Abnahme betreffenden Normen (§ 640 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 12 Abs. 3 VOB/B)  heißt es, dass die Abnahme des Werkes wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigert werden darf. Es findet sich dort keinerlei Aussage zum erforderlichen Fertigstellungsgrad des Werkes als Abnahmevoraussetzung.

Gerade im regelmäßig sehr komplexen Anlagenbau ist aber die Frage, welchen Grad der Fertigstellung das Werk erreicht haben muss, damit es als abnahmereif angesehen werden kann, sehr bedeutsam.

Weiter lesen »
Construction worker with construction level working on a sidewalk
Handelsrecht

Wesentlicher Mangel im Anlagenbau

Die Beantwortung der Frage, ob ein wesentlicher Mangel vorliegt, bereitet gerade im oft sehr komplexen Anlagenbau große Schwierigkeiten. Dabei stellt das Fehlen wesentlicher Mängel die entscheidende Voraussetzung für die Abnahme dar. Letztere hat erhebliche rechtliche und praktische Bedeutung: So knüpft hieran regelmäßig der Beginn der Gewährleistungsfristen an. Zudem hängt von der Abnahme in aller Regel die Fälligkeit eines erheblichen Teils der vereinbarten Vergütung ab.

Weiter lesen »

KONTAKT

LEGAL+

+49 (40) 57199 74 80

+49 (170) 1203 74 0

Neuer Wall 61 D-20354 Hamburg

kontakt@legal-plus.eu

Profitieren Sie von meinem aktiven Netzwerk!

Ich freue mich auf unsere Vernetzung.

Copyright 2024 © All rights Reserved.