Um kostspielige und unangenehme Rechtsstreitigkeiten im Ausland zu verhindern, ist es ratsam, mit ausländischen Geschäftspartnern ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen abzuschließen, die ausschließlich deutsche Gerichte als zuständig festlegen. Allerdings kommt es nicht selten vor, dass der Geschäftspartner im Streitfall, entgegen der Gerichtsstandsvereinbarung, Klage in seinem eigenen Land einreicht. In solchen Fällen stellt sich die Frage: Was kann man zur Durchsetzung internationaler Gerichtsstandsvereinbarungen tun?
Eine wenig bekannte, im europäischen Raum geltende Regelung zur Lösung dieses Problems ist in der Europäischen Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, kurz: EUGVVO, enthalten. Artikel 31 Absatz 2 der EUGVVO besagt:
„Wird ein Gericht eines Mitgliedstaats angerufen, das gemäß einer Vereinbarung nach Artikel 25 ausschließlich zuständig ist, so setzt das Gericht des anderen Mitgliedstaats unbeschadet des Artikels 26 das Verfahren so lange aus, bis das auf der Grundlage der Vereinbarung angerufene Gericht erklärt hat, dass es gemäß der Vereinbarung nicht zuständig ist.“
Diese Regelung, die 2015 zum Schutz ausschließlicher Gerichtsstände geschaffen wurde, erweist sich in der beschriebenen Situation als äußerst hilfreich. Der Vertragspartner, der mit einer ausländischen Klage konfrontiert ist, kann vor seinem Heimatgericht feststellen lassen, dass nur dieses Gericht zuständig ist. Gleichzeitig kann er diese Klage nutzen, um den Streitfall vor dem zuständigen deutschen Gericht klären zu lassen, insbesondere bei Zahlungsklagen, gegebenenfalls durch eine negative Feststellungsklage (weitere Informationen dazu finden Sie in meinem separaten Beitrag).
Das ausländische Gericht, das gemäß nach Artikel 31 Abs. 2 EUGVVO über diese Klage zu informieren ist, hat dann umgehend das eigene Verfahren von Amts wegen auszusetzen. Damit wäre die lästige ausländische Klage zunächst einmal gestoppt.
Sobald das deutsche Gericht seine ausschließliche Zuständigkeit festgestellt hat, muss sich in der Folge das ausländische Gericht für unzuständig erklären. Damit wäre der unangenehme Auslandsrechtsstreit beigelegt.
Im Detail gibt es zu dem beschriebenen Verfahren zur Durchsetzung internationaler Gerichtsstandsvereinbarungen noch viele Fragen zu klären, insbesondere da die Vorschrift relativ neu ist und nur wenige gerichtliche Entscheidungen dazu vorliegen. Wer also den Weg des Artikel 31 Absatz 2 EUGVVO beschreiten möchte, betritt in weiten Teilen Neuland. Es könnte sich als lohnenswert erweisen. Lesen Sie zu den Handlungsmöglichkeiten im Falle einer ausländischen Klage auch meinen Beitrag „Klage aus dem Ausland„
Übrigens:
Wussten Sie schon, dass der Bundesgerichtshof (BGH) Verstöße gegen Gerichtsstandsvereinbarungen als Pflichtverletzung ansieht? Dies führt dazu, dass dem Geschädigten ein wertvoller Schadensersatzanspruch entsteht! Weitere Informationen dazu finden Sie in meinem bald veröffentlichten Beitrag.
Verklagt zu werden, ist immer unerfreulich. Hat man es allerdings mit einer Klage aus dem Ausland zu tun, ist das Ärgernis aus diversen Gründen erheblich größer, nur beispielhaft sei auf die oft erheblichen Kosten hingewiesen. Die erste Frage, die Sie aufwerfen sollten, wenn Sie in Ihrem Briefkasten eine Klage aus dem Ausland vorfinden, lautet: Ist Zustellung der Klage überhaupt wirksam? Oftmals ist dies nämlich nicht der Fall, was Ihnen diverse Vorteile bringt (z.B. Zeitgewinn, Möglichkeit eigener prozessualer Schritte etc.).
Der untätige Sachverständige bedeutet für Betroffene ein großes Dilemma. Der Gesetzgeber hat dies durchaus erkannt und hat mit einer Reform des Sachverständigenrechts mit Wirkung seit 15.10.2016 durchaus relevante Verschärfungen im Zivilprozessrecht verankert.
Der Beweiswert von Privatgtuachten kommt dem gerichtlicher Sachverständigengutchten sehr nahe. Die Praxis wird dem oft nicht gerecht: So tendieren viele Gerichte dazu, Privatgutachten, d.h. außerhalb des Prozesses beauftragte Gutachten, als lästig zu empfinden. Diese zumeist als parteiisch „abgestempelten“ Gutachten werden deshalb in den meisten Fällen gegenüber gerichtlich beauftragten Gutachten als geringwertiger eingestuft und im Urteil mit floskelartiger Begründung herabgewürdigt. Dieses in der Praxis verbreitete Vorgehen ist allerdings von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht gedeckt! Tatsächlich kommen von den Parteien beigebrachten Gutachten eine wichtige Bedeutung für den verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutz der Parteien zu. Nur so lassen sich nämlich – nicht seltene – Fehler in Gerichtsgutachten lückenlos aufdecken.
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