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Der Vorvertrag

In der Geschäftswelt sind laufend Entscheidungen zu treffen. Viele solcher Entscheidungen bestehen darin, sich in einem Projekt für einen bestimmten Partner entschieden zu haben, mit dem dann ein entsprechender Vertrag abzuschließen ist. Das häufige Problem ist dann: Es fehlt die Zeit bzw. auch einfach nur an bestimmten Klärungen tatsächlicher und/oder rechtlicher Art, den Vertrag „ adhoc“ schließen zu können. Oft ist es in solchen Situationen dann auch keine Option, einfach (unverbindlich) abzuwarten, bis alle offenen Punkte geklärt sind. Dann kommt der Vorvertrag ins Spiel, durch den die Parteien sofort eine Bindung herbeiführen können, obwohl noch offene, klärungsbedürftige Punkte existieren.

Der nachfolgende Beitrag soll Sie hinsichtlich der Problematiken rund um den Vorvertrag sensibilisieren.

Ausgangspunkt: § 154 BGB

Grundsätzlich gilt, dies ist wichtig zu wissen, dass das Gesetz davon ausgeht, dass es solange keinen Vertrag, und damit keine Bindung gibt, bis die Parteien über alle Punkte eine Klärung herbeigeführt haben. In § 154 Abs. 1 BGB heißt es:

Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.

Grunddefinition des Vorvertrages

Unter Vorvertrag ist ein Vertrag zu versehen, durch den für beide Teile oder auch nur für einen von ihnen die Verpflichtung begründet wird, den eigentlich angestrebten schuldrechtlichen Vertrag, den Hauptvertrag, abzuschließen.

Erforderlich für Vorvertrag: Entsprechender Rechtsbindungswille

Der Bundesgerichthof (BGH) hat die Rahmenkriterien zur Annahme eines Vorvertrages wie folgt herausgearbeitet (NJW 2006, 2843):

„Nach der Auslegungsregel von § 154 I 1 BGB kommt ein bindender Vertrag zwar erst zu Stande, wenn sich die Parteien über alle nach ihrer Vorstellung regelungsbedürftigen Punkte geeinigt haben. Die Regel gilt jedoch nur im Zweifel und hindert die Parteien nicht, sich durch den Abschluss eines Vorvertrags zunächst nur hinsichtlich einzelner Punkte zu binden und die Bereinigung der offen gebliebenen Punkte einer späteren Verständigung vorzubehalten (…) Im Hinblick auf § 154 I 1 BGB ist die Annahme eines Vorvertrags allerdings nur gerechtfertigt, wenn besondere Umstände darauf schließen lassen, dass sich die Parteien ausnahmsweise vor der abschließenden Einigung über alle regelungsbedürftigen Punkte vertraglich binden wollten.(…)“

Damit ist der Kern des Vorvertrages treffend wie folgt herausgearbeitet:

Die Parteien eines Vorvertrages wollen eine Bindung, obwohl es zu diesem Zeitpunkt an einer abschließenden Einigung über alle regelungsbedürftigen Punkte noch fehlt.

Mindestinhalt des Vorvertrages

Zu seiner Wirksamkeit bedarf der Vorvertrag eines Mindestinhalts. Dies gilt unabhängig vom zum Ausdruck gebrachten Rechtsbindungswillen. Der BGH hat diesen Mindestinhalt am Beispiel des Kaufvertrages wie folgt auf den Punkt gebracht (NJW 1990, 1234):

„Ein Vorvertrag zu einem Kaufvertrag ist in der Regel hinreichend bestimmt, wenn Kaufgegenstand und Kaufpreis sowie die von den Vertragsparteien für wesentlich angesehenen Nebenpunkte geregelt sind oder sich bestimmen lassen.“

Faustformel zum Mindestinhalt ist: Es bedarf einer Einigung über alle vertragswesentlichen Punkte bereits im Vorvertrag.

Fehlt es nämlich an einer Regelung über alle vertragswesentlichen Punkte, ist eine spätere Lückenschließung nicht möglich. Hierzu der BGH (NJW 2006, 2843):

„Soweit die Einzelheiten der zu treffenden Regelungen dem abzuschließenden Vertrag vorbehalten sind, führt das Fehlen der Einigung der Vertragsparteien nur dann zur Unwirksamkeit des Vorvertrags, wenn die Parteien den nicht geregelten Punkt für wesentlich angesehen haben (…). In einem solchen Fall (…) ist die Feststellung dessen, was zu gelten hat, nicht möglich.

Rechtsfolge aus Vorvertrag: Einklagbare Verhandlungspflicht bezüglich des Hauptvertrages

In einem jeden Vorvertrag liegt daher für die Parteien, die sich hierzu entschließen, auch ein Risiko, das es abzuwägen gilt. Denn:

Man bindet sich, obwohl es über offene Punkte noch an einer Einigung fehlt. Jede Partei kann nach Abschluss des Vorvertrages von der anderen Seite den Abschluss des Hauptvertrages einfordern. Notfalls „hilft“ dann ein Gericht dabei, die vorhandenen Lücken entsprechend dem Vorvertrag zu schließen. Dazu der BGH im bereits zitierten Urteil:

Ein Vorvertrag verpflichtet beide Parteien, an dem Aushandeln der Bedingungen des abzuschließenden Vertrags mitzuwirken (…). Durch den Abschluss des Vorvertrags haben beide Vertragsparteien die Pflicht übernommen, sich mit den Vorschlägen der jeweils anderen Partei zum Inhalt des angestrebten Vertrags auseinanderzusetzen. Wird in einem gerichtlichen Verfahren um den Inhalt des abzuschließenden Vertrags gestritten, so ist jede Partei des Vorvertrags berechtigt, die Erfüllung der übernommenen Verpflichtung in Gestalt einer von ihr formulierten Vertragserklärung zu verlangen und zum Gegenstand einer Klage zu machen, sofern die andere Partei ihrer Verpflichtung zu ernsthaften Verhandlungen über den Inhalt des abzuschließenden Vertrags nicht nachkommt oder eine Einigung nicht zu erzielen ist. Sache der bekl. Partei ist es sodann, einen möglichen Gestaltungsspielraum einwendungsweise durch konkrete Alternativvorschläge geltend zu machen.“

Typischer Stolperstein beim Vorvertrag: Missachtete Formerfordernisse 

Streiten die Parteien eines Vorvertrages über den Abschluss des Hauptvertrages, ist es nicht selten ein übersehenes Formerfordernis, über das es der einigungsunwilligen Partei gelingt, sich aus dem Vorvertrag „zu befreien“.

Wenn nämlich für den Hauptvertrag zwingende Formvorschriften bestehen, können diese auch Wirksamkeitsvoraussetzung für den Vorvertrag sein. Es kommt dann darauf an, welche Funktion der Formvorschrift zukommt:

Soll eine Formvorschrift den Hauptvertrag betreffend vor übereilter Bindung schützen (Warnfunktion), so verlangt dieser Formzweck bereits für den Vorvertrag die Beachtung der Form des Hauptvertrags. Demgemäß wurde vom BGH z.B. ein Vorvertrag, der auf eine Grundstücksveräußerung abzielte, für formbedürftig angesehen.

Dient die Formvorschrift für den Hauptvertrag hingegen (nur) der Klarstellung- und Beweissicherung, so ist der Vorvertrag formlos wirksam, da durch die Beachtung der für den Hauptvertrag vorgeschriebenen Form diesen Formzwecken Genüge getan wird.

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Fazit zum Vorvertrag

Wenn sich Parteien des Vorvertrages hinreichend darüber bewusst sind, welche Bindungen sie damit eingehen und zugleich auch wissen, welche Anforderungen für einen wirksamen Vorvertrag zu beachten sind, ist er ein praktikables Werkzeug im Wirtschaftsleben, operative Geschäftsprozesse zügig abzusichern. Das oft zeitintensive Aushandeln der Vertragsdetails kann so in Ruhe geschehen, ohne dass das „Ob“ des jeweiligen Deals noch in Frage steht.

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