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Der Verstoß gegen eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung kann schadensersatzpflichtig machen! – Zum Urteil des BGH vom 17.10.2019 (Az. III ZR 42/19)

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Ratgeber Internationales Zivilprozessrecht: Der Verstoß gegen eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung kann schadensersatzpflichtig machen! – Zum Urteil des BGH vom 17.10.2019 (Az. III ZR 42/19)

Problembeschreibung

Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

 

Leider ist es aber keine Seltenheit, dass der andere Vertragspartner im Streitfall von der Gerichtsstandsvereinbarung plötzlich nichts mehr wissen will. Hintergrund eines solchen an sich unredlichen Vorgehens ist – auf der Hand liegend – nicht zuletzt das Erpressungspotential, das sich mit einem solchen Vorgehen verbindet. Denn die sich – unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung – einer ausländischen Klage ausgesetzt sehende Partei ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen regelmäßig gezwungen, im Ausland über Anwälte tätig zu werden. Dies wiederum ist oftmals sehr teuer, wobei hierbei die USA das wohl prominenteste Beispiel darstellen.

 

Der BGH ist deutschen Betroffenen in einem sehr bedeutsamen, vielen noch unbekannten Urteil „zur Seite gesprungen“ und hat zu deren Gunsten geurteilt, dass der Verstoß eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung in der Regel zum Schadensersatz verpflichtet. Das Urteil betrifft einen deutsch-amerikanischen Fall, erscheint nach Auffassung des Autors jedoch auf andere Drittlandskonstellationen übertragbar.

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BGH-Urteil vom 17.10.2019; Az. III ZR 42/19; BGHZ 223, 269

Mit Urteil vom 17.10.2019 hat der BGH entschieden, dass ein US-Kläger, der unter Missachtung einer Gerichtsstandsvereinbarung in den USA eine Klage erhebt, der anderen Partei zum Schadensersatz hinsichtlich der durch diese Klage entstehenden Kosten verpflichtet ist (vgl. BGH-Urteil vom 17.10.2019; Az. III ZR 42/19; BGHZ 223, 269). Die einprägsamen Leitsätze des Urteils lauten:

  1. Die Vereinbarung eines inländischen Gerichtsstands kann eine Verpflichtung begründen, Klagen nur an diesem Gerichtsstand zu erheben.
  2. Verletzt eine Vertragspartei schuldhaft diese Verpflichtung durch die Klage vor einem US-amerikanischen Gericht, das die Klage wegen fehlender Zuständigkeit abweist und entsprechend US-amerikanischem Prozessrecht („American rule of costs“) eine Kostenerstattung nicht anordnet, ist sie gemäß § 280 Abs. 1 BGB verpflichtet, der anderen Partei die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung zu ersetzen.

Die Lektüre der Entscheidungsgründe legt nahe, dass gemäß BGH in so gut wie jede internationale Gerichtsstandsvereinbarung – über die rein prozessuale Vereinbarung eines Gerichtsstandes hinaus – auch die materielle Pflicht hineinzulesen ist, sich an diese Vereinbarung auch zu halten:

Ausgangslage

Bisher wurde Gerichtsstandsvereinbarungen von Juristen nur eine prozessuale Wirkung zugeschrieben. Demnach beschränkte sich ihre Bedeutung auf die Begründung und/oder den Ausschluss einer bestimmten Gerichtszuständigkeit.

Eine darüberhinausgehende verpflichtende Wirkung wurde hingegen abgelehnt, sodass Klagen, die gegen eine solche Vereinbarung verstießen, keinen Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB auslösen konnten. Besonders problematisch war dies in Fällen, in denen unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung Klagen in Ländern ohne prozessualen Kostenerstattungsanspruch erhoben wurden. So ist beispielsweise gemäß der „American Rule of Costs“ in den USA die Erstattung von Anwaltskosten der obsiegenden Partei ausgeschlossen. Mit Blick auf die in den USA bekanntermaßen besonders horrenden Anwaltshonorare ist dies für den Betroffenen besonders bitter.

Von dieser Sichtweise ist der BGH nun – sehr begrüßenswert – abgekommen.

Keine grundsätzlichen Bedenken gegen materiell-rechtlichen Bestandteil

Schon nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei einer Gerichtsstandsvereinbarung um einen materiell-rechtlichen Vertrag über prozessrechtliche Beziehungen.

Den Parteien ist es, wie der BGH zutreffend ausführt, im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne weiteres möglich, in einem Vertrag neben rein prozessualen Verpflichtungen ergänzend auch materielle Pflichten zu vereinbaren.

Hierzu stellt der BGH zunächst fest, dass eine solche Annahme mit Blick auf das nationale und auch europäische Zivilprozessrecht keinen Bedenken begegnen würde, da der materiell-rechtliche Teil der Vereinbarung außerhalb des Anwendungsbereichs der Zivilprozessordnung und der EuGVVO liege.

Dies gelte in Drittlandsfällen ohne weiteres auch mit Blick auf die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs zu sog. „anti-suit-injunctions“, da dann der innerhalb der EU geltende Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens nicht berührt sei. Im Übrigen seien so oder so dann keine Wertungswidersprüche erkennbar, wenn das derogierte Gericht, also das unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung angerufene Gericht, in Kenntnis aller relevanten Umstände seine Zuständigkeit verneint hat.

In Gerichtsstandsvereinbarungen kann ein schuldrechtlich verpflichtender Inhalt hineingelesen werden

Ein schuldrechtlicher Inhalt kann gemäß der sehr überzeugenden Ausführungen des BGH in eine Gerichtsstandsvereinbarung im Wege der Auslegung hineingelesen werden.

Hierzu stellt der BGH zunächst fest, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung „nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise von einem redlichen und verständigen Vertragspartner“ dahin zu verstehen ist, dass damit die gemäß § 280 Abs. 1 BGB sanktionierte schuldrechtliche Verpflichtung eingegangen worden ist, nicht an einem anderen Gerichtsstand als dem Vereinbarten zu klagen.

Zitierenswert ist folgende Passage des Urteils, in der sich der BGH mit der typischen Interessenlage der Parteien auseinandersetzt (Rn. 37 des Urteils):

„Die Vereinbarung des auf den Vertrag anwendbaren Rechts sowie eines Gerichtsstands bringt das Interesse beider Parteien zum Ausdruck, Rechtsstreitigkeiten sowohl in materiell-rechtlicher als auch in prozessualer Hinsicht planbar zu machen. Mit ihr wollen gerade die im internationalen Rechtsverkehr tätigen Vertragsparteien Rechtssicherheit schaffen und – auch wirtschaftliche – Prozessrisiken berechenbar machen (Eichel aaO S. 224). Sie bezwecken mit der Festlegung auf einen konkreten Gerichtsort die Auswahl eines bestimmten Gerichtsstands und wollen insbesondere ein nachträgliches forum shopping durch eine Vertragspartei verhindern.“

Schutzbedürftigkeit der betroffenen Partei

Diese typische und dabei schützenswerte Interessenlage beinhalt auch, unnötige Kosten für die Anrufung eines unzuständigen Gerichts zu vermeiden. Der  Schutzzweck einer solchen Vereinbarung kann, wenn er durch die Anrufung eines Gerichts unter Verstoß gegen die Vereinbarung konterkariert wird, nur dadurch verwirklicht werden, dass der dadurch belasteten Partei ein Anspruch auf Kostenerstattung zugestanden wird.

Es bestehe nach den Zwecken der oben genannten Prinzipien kein Grund dafür, eine Partei, die unter Verstoß gegen die Vereinbarung eines inländischen Gerichtsstands ein ausländisches Gericht anruft, vor den materiell-rechtlichen Kostenfolgen zu schützen, die sie bei einem reinen Inlandssachverhalt – unabhängig von der Rechtswidrigkeit ihres Vorgehens – im Fall ihres Unterliegens nach dem Prozessrecht zu tragen hätte.

Die dargestellte Schutzbedürftigkeit ausschließlicher Gerichtsstandsvereinbarungen werde auch durch Art. 31 Abs. 2 und 3 der EuGVVO bestätigt, wobei der Anwendungsbereich dieser Regelung nur begrenzt und ihr Schutz hinsichtlich der Kostenfolgen der Anrufung eines unzuständigen Gerichts auch unzureichend ist.

Fazit des BGH

Nach allem sieht der BGH in einer Klage, die vom vereinbarten internationalen Gerichtsstand abweicht, einen zum Schadensersatz verpflichtenden Pflichtverstoß; dies jedenfalls dann, wenn es sich um einen Drittlandsfall (Nicht-EU) handelt und das Drittland keinen ausreichenden Erstattungsanspruch vorsieht.

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Bewertung

Das BGH-Urteil hat Bedeutung nicht nur bei Klagen in US-Fällen.

Zumindest bei Verträgen mit Partnern aus Nicht-EU-Staaten empfiehlt sich im Falle einer Verletzung der getroffenen, ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung die Prüfung des vom BGH bejahten Schadensersatzanspruchs hinsichtlich der Kosten, die eine Rechtsverteidigung im Drittland ausgelöst hat und deren Erstattung vom dortigen Prozessrecht nicht abgedeckt ist.

Aber auch bei reinen EU-Sachverhalten erscheint nach Auffassung des Autors auf Basis des oben besprochenen BGH-Urteils ein materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch möglich.

Eine unter Verstoß gegen eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung erhobene Klage zwingt die von der Gerichtsstandsvereinbarung begünstigte Partei vertragswidrig dazu, sich in einem fremden Rechtskreis zu – jedenfalls aus deutscher Sicht – oft deutlich höheren Kosten mit dem Vertragspartner auseinanderzusetzen.  Oftmals wird in diesen Fällen der Kostenerstattungsanspruch, den das vertragswidrig angerufene Gericht zuspricht, nicht ausreichen, um die für die Rechtsverteidigung „in der Fremde“ erforderlich gewordenen Kosten zu decken. Wie vom BGH selbst zutreffend bemerkt, sieht auch der EU-Gesetzgeber eine besondere Schutzbedürftigkeit der von einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung begünstigten Partei.  Die hierauf zurückgehende Regelung des Art.  31 Abs. 2 der EUGVVO reicht aber allein nicht aus, da sie eine unzulässig erhobene Klage zwar „stoppen“ hilft, aber eben nicht gewährleistet, dass die betroffene Partei tatsächlich alle Kosten erstattet erhält.

Zu den Möglichkeiten im Übrigen, sich gegen Klagen, die unter Verstoß gegen eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung erhoben werden, zu Wehr zu setzen, lesen Sie hier!

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Anfechtungsmöglichkeiten eines gerichtlich geschlossenen Vergleichs

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Ratgeber Prozessrecht: Anfechtungsmöglichkeiten eines gerichtlich geschlossenen Vergleichs

Zivilprozesse werden vielfach im Wege eines zwischen den Parteien im Laufe des Verfahrens geschlossenen Vergleichs beendet. Häufig geschieht dies mit Hilfe des Gerichts. Die Praxis zeigt, dass ein solcher Vergleichsschluss, trotz Beteiligung des Gerichts, durchaus Tücken in sich birgt. Nachfolgend möchte ich einen Überblick verschaffen:

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Überblick über die Arten des gerichtlichen Vergleichsschlusses

Die Zivilprozessordnung sieht für einen mit Hilfe des Gerichts geschlossenen Vergleich zwei Wege vor:

  • Zum einen kann ein Prozessvergleich im Rahmen der mündlichen Verhandlung geschlossen werden. In diesem Fall wird der in der Verhandlung ausgehandelte Vergleich vom Gericht in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen und muss dann von den Parteien bzw. deren Vertretern genehmigt werden. Die Genehmigung ist ebenfalls zu protokollieren.
  • Zum anderen kann ein Prozessvergleich auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts schriftsätzlich gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt dann das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs durch Beschluss fest.

Wirkung des Vergleichsabschlusses

Der auf eine der vorgenannten Wege wirksam geschlossene Vergleich führt grundsätzlich zur Beendigung des Rechtsstreits.

Der BGH hat mit Urteil vom 14.7.2015 (Az. VI ZR 326/14; NJW 2015, 2965) zur rechtlichen Natur und Wirkung eines Prozessvergleichs zusammenfassend ausgeführt:

„(…)

Der Prozessvergleich hat eine rechtliche Doppelnatur. Er ist zum einen Prozesshandlung, durch die der Rechtsstreit beendet wird und deren Wirksamkeit sich nach  verfahrensrechtlichen Grundsätzen bestimmt. Dazu ist er ein privates Rechtsgeschäft, für das die Vorschriften des materiellen Rechts gelten und mit dem die Parteien Ansprüche und Verbindlichkeiten regeln (BGHZ 164, 190 [193 f.] = NJW 2005, 3576 mwN; vgl. auch BGHZ 142, 84 [88] = NJW 1999, 2806; BGHZ 79, 71 [74] = NJW 1981, 823; BGHZ 41, 310 [311] = NJW 1964, 1524; BGHZ 28, 171 [172] = NJW 1958, 1970; BGHZ 16, 388 [390] = NJW 1955, 705; OLG Hamm, NJW-RR 2012, 882). Prozesshandlung und privates Rechtsgeschäft stehen nicht getrennt nebeneinander. Vielmehr sind die prozessualen Wirkungen und die materiell-rechtlichen Vereinbarungen voneinander abhängig (BGHZ 164, 190 [194] = NJW 2005, 3576; BGHZ 79, 71 = NJW 1981, 823). Der Prozessvergleich ist nur wirksam, wenn sowohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Vergleich als auch die prozessualen Anforderungen erfüllt sind, die an eine wirksame Prozesshandlung zu stellen sind. Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, liegt ein wirksamer Prozessvergleich nicht vor; die prozessbeendigende Wirkung tritt nicht ein (BGHZ 164, 190 = NJW 2005, 3576; vgl. auch BGHZ 16, 388 = NJW 1955, 705). Das gilt auch für den Prozessvergleich iSd § 278 VI ZPO (vgl. BT-Drs. 14/4722, 82; BAGE 120, 251 = NJW 2007, 1831 Rn. 15; OLG Hamm, NJW-RR 2012, 882; Assmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 278 Rn. 79; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 36. Aufl., § 794 Rn. 2 f.).

(…)“

Streit über Wirksamkeit des Vergleiches

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass eine Partei die Wirksamkeit des geschlossenen Vergleichs anzuzweifeln versucht.

Ausgangspunkt ist (siehe vorzitiertes BGH-Urteil) hier, dass der Prozessvergleich doppelter Natur ist mit der Folge, dass sich Unwirksamkeitsgründe auf zwei Ebenen ergeben können.  Es sind mithin zwei Arten von denkbaren Mängeln zu unterscheiden:

Ebene 1: Prozessuale Mängel

So ist der Prozessvergleich zum einen ein Prozessvertrag und könnte an prozessualen Mängeln leiden.

Der häufigste Mangel auf dieser Ebene liegt in einer fehlerhaften Protokollierung des Vergleichsinhalts.

Ebene 2: Materielle Mängel

Der Prozessvergleich ist zudem ein „normaler“ materiell-rechtlicher Vertrag zwischen den Parteien, mit dem diese ihre Streitigkeit beenden bzw. regeln wollen.

Auch dieser Vertrag kann an Mängeln leiden, z.B. dergestalt, dass sich eine der Parteien bei Abgabe ihrer den Vergleich ermöglichenden Erklärungen in einem Irrtum befand. Dies würde es ihr unter Umständen ermöglichen, den Vergleich nach §119 BGB wegen Irrtums anzufechten. Auch in Betracht kommt der gesetzlich ausdrückliche geregelte Fall des § 779 BGB (Irrtum über die Vergleichsgrundlage). Ein Anpassungsrecht kann sich ferner auch unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage ergeben (§ 313 BGB)

Prozessuale Folgen einer Vergleichsanfechtung

Macht eine Partei Mängel des Vergleichs gegenüber dem Gericht geltend, führt dies zur Fortsetzung des Verfahrens und zur Prüfung der geltend gemachten Mängel durch das Gericht.

Danach ist zu unterscheiden:

  • Wenn das Gericht prozessuale Mängel bejaht, bedeutet dies, dass der Prozessvergleich unwirksam ist. Der Rechtsstreit ist weiter rechtshängig. Eine besondere Situation liegt dann in Fällen, in denen die Parteien zunächst eine materiell wirksame Einigung getroffen hatten und diese Einigung im Anschluss fehlerhaft protokolliert worden ist. Denn die lediglich fehlerhafte Protokollierung beseitigt nicht die zuvor materiell wirksam erfolgte Einigung.

    Und auch in sonstigen Fällen eines aus prozessualen Gründen unwirksamen Prozessvergleichs kann es wegen widersprüchlichen Verhaltens gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen, wenn eine Partei sich auf den prozessualen Mangel beruft. Dies hat der BGH im bereits oben zitierten Urteil wie folgt angenommen:

    (…)
    Die Kl. kann sich jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht darauf berufen, dass der vom BerGer. nach § 278 VI 2 ZPO festgestellte Vergleich prozessual nicht wirksam zu Stande gekommen ist.

    Der Grundsatz von Treu und Glauben findet auch im Prozessrecht Anwendung (…).
    Widersprüchliches Verhalten einer Partei (venire contra factum proprium) im Prozess kann rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sein (…).

    Rechtsmissbräuchlich ist widersprüchliches Verhalten dann, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (…). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann eine Rechtsausübung etwa dann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick darauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (…).

  • Wenn das Gericht materielle Mängel feststellt, die eine Nichtigkeit des Vergleichs (d.h. anfängliche Unwirksamkeit) zur Folge haben, so ist die Situation so, als hätte es den Vergleich nie gegeben.

    Das Verfahren läuft normal weiter, weil der Rechtsstreit tatsächlich nie beendet worden ist.

  • In Fällen, in denen der Vergleich zunächst wirksam war und erst durch später eintretende Umstände, z.B. wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage, ex nunc in Frage steht bzw. unwirksam geworden ist, ist die Situation komplexer, weil der Vergleich ja zunächst vergleichsbeendigende Wirkung hatte.

    Zutreffenderweise ist dann ein neuer Prozess zu führen, da ein Wideraufleben des alten, zwischenzeitlich wirksam beendeten Prozesses, keine rechtliche Grundlage hat. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass es an Mängeln fehlt, stellt es die prozessbeendigende Wirkung des Vergleichs durch berufungsfähiges Urteil fest.

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FAZIT

Wer glaubt, dass durch die Beteiligung des Gerichts ein „saubere“ Vergleichsschluss sichergestellt ist, unterliegt einem Trugschluss!

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Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

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Ratgeber Prozessrecht: Erleichterter Weg zu Schadensersatz wegen Abgasmanipulationen – Zum BGH-Urteil vom 26. Juni 2023 (Az. Via ZR 335/21)

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Close up of nozzles in diesel engine under opened bonnet
Ratgeber Prozessrecht: Erleichterter Weg zu Schadensersatz wegen Abgasmanipulationen – Zum BGH-Urteil vom 26. Juni 2023 (Az. Via ZR 335/21)

Dieser Beitrag versucht eine Einordnung und Bewertung des aktuellen Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 26. Juni 2023 (Az. Via ZR 335/21) zum Thema Schadensersatz wegen Abgasmanipulationen bei Autoherstellern.

Der Beitrag beleuchtet zunächst kurz den ins Jahr 2015 zurückgehenden Hintergrund des Dieselskandals sowie auch das erste Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2020, um sich sodann mit den Auswirkungen des aktuellen EuGH-Urteils vom 21. März 2023 (Az. C-100/21) zu befassen, das die Grundlagen für die geänderte, nachfolgend analysierte BGH-Rechtsprechung gelegt hat.

Rückblick ins Jahr 2015

Der Skandal um Abgasmanipulationen von Autoherstellern geht bis in das Jahr 2015 zurück.

Damals stellte sich heraus, dass VW eine spezielle Software in die Motorsteuerung eingebaut hatte, um auf dem Prüfstand bei Emissionstests niedrigere Stickoxidwerte zu erzeugen. Im normalen Fahrbetrieb waren die Abgasreinigungssysteme jedoch deaktiviert, um die Motorleistung und den Kraftstoffverbrauch zu verbessern. Dies führte dazu, dass die Fahrzeuge die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte im realen Straßenverkehr nicht einhielten.

 

Später kam heraus, dass VW nicht der einzige Hersteller war, der sich auf vorbeschriebene (oder ähnliche) Weise die vermeintliche Einhaltung der gesetzlichen Emissionsgrenzen „erschummelt“ hatten.

Folge hiervon waren Klagewellen von betroffenen Autokäufern. Die Klagen waren gerichtet auf Schadensersatz, Kaufpreisminderung und Rückabwicklung von Verträgen.

Zum ersten Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2020

In seinem ersten Diesel-Urteil vom 25.5.2020 (Az. VI ZR 252/19) hatte der BGH entschieden und insoweit die Vorinstanz bestätigt, dass das durch die Abgasmanipulation erfolgte Erschleichen von Typengenehmigungen auch eine unmittelbare Täuschung der Autokäufer bedeuten und gegebenenfalls eine Recht der Käufer auf Schadensersatz, unter Umständen auch Rückabwicklung, in Betracht kommen kann.

Die Leitsätze des Urteils lauteten:

a) Es steht wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugkäufer gleich, wenn ein Fahrzeughersteller im Rahmen einer von ihm bei der Motorenentwicklung getroffenen strategischen Entscheidung, die Typgenehmigungen der Fahrzeuge durch arglistige Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts zu erschleichen und die derart bemakelten Fahrzeuge alsdann in Verkehr zu bringen, die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer gezielt ausnutzt.

b) Bestehen hinreichende Anhaltspunkte für die Kenntnis zumindest eines vormaligen Mitglieds des Vorstands von der getroffenen strategischen Entscheidung, trägt der beklagte Hersteller die sekundäre Darlegungslast für die Behauptung, eine solche Kenntnis habe nicht vorgelegen. Darauf, ob die vormaligen Mitglieder des Vorstands von dem Kläger als Zeugen benannt werden könnten, kommt es nicht an.

c) Wird jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht, den er sonst nicht geschlossen hätte, kann er auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist. Die Bejahung eines Vermögensschadens unter diesem Aspekt setzt allerdings voraus, dass die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluss als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht.

d) Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB.

 

Dieses zunächst positiv klingende Urteil bedeutete für betroffene Autokäufer nicht unwesentliche Hürden auf dem Weg zu einem möglichen Schadensersatz, insbesondere:

  • Ein Anspruch sollte gemäß dem damaligen Urteil Vorsatz voraussetzen. Wenn auch mit vom BGH aufgestellten Beweiserleichterungen, mussten die Betroffenen den Unternehmensleitern – ggf. auch eine über Mitarbeiter „vermittelte“ – Kenntnis nachweisen.
  • Schwierigkeiten bereitete den betroffenen Käufern nicht zuletzt der erforderliche Schadensnachweis. So forderte der BGH (siehe obigen Leitsatz 3), dass „die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung (…) den Vertragsschluss als (…) nachteilig ansieht.“

Die „Vorgeschichte“ der neuen BGH-Rechtsprechung: Das EuGH-Urteil vom 21.3.2023 (Az. C-100/21)

Für das Verständnis der zugunsten der Verbraucher geänderten Rechtsprechung des BGH ist das übergeordnete Europarecht und damit die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) von wesentlicher Bedeutung.

Der EUGH hat in einem ebenfalls noch sehr jungen Urteil vom 21.3.2023 (Az. C-100/21) die Grundlagen für die jetzt geltende BGH-Rechtsprechung gelegt, indem er – entgegen der bisherigen BGH-Rechtsprechung – dem europäischen Typengenehmigungsrecht einen Individualschutz der Verbraucher zugesprochen hat. In Randnummer 85 des EuGH-Urteils heißt es dementsprechend,

„(…) dass Art. 18 I, Art. 26 I und Art. 46 der Rahmenrichtlinie iVm Art. 5 II VO (EG) 715/2007 dahin auszulegen sind, dass sie neben allgemeinen Rechtsgütern die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs gegenüber dessen Hersteller schützen, wenn dieses Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung iSv Art. 5 II dieser Verordnung ausgestattet ist.“

Damit nicht genug, leitet der EUGH aus dem europäischen Recht gar einen Schadensersatzanspruch zugunsten des Autokäufers ab, wenn dem Käufer durch die Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist. In Randnummer 91 des EUGH-Urteils heißt es dazu,

„(…) dass sich aus Art. 18 I, Art. 26 I und Art. 46 der Rahmenrichtlinie iVm Art. 5 II VO Nr. 715/2007 ergibt, dass die Mitgliedstaaten vorsehen müssen, dass der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung iSv Art. 5 II dieser Verordnung ausgestatteten Fahrzeugs einen Anspruch auf Schadensersatz durch den Hersteller dieses Fahrzeugs hat, wenn dem Käufer durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist (…)“

Der EUGH geht noch weiter und ermahnt die Mitgliedstaaten, dafür Sorge zu tragen, dass die Verbraucher auch tatsächlich in den Genuss dieses „europäischen Schadensersatzanspruchs“   kommen. Hierzu gehört es laut EuGH, dass die Hürden auf den Weg zu einem solchen Schadenersatz für den Verbraucher nicht zu hoch gehängt werden dürfen. Im EUGH-Urteil heißt es dazu unter den Randnummern 92 und 93:

„92In Ermangelung unionsrechtlicher Vorschriften über die Modalitäten für die Erlangung eines solchen Ersatzes durch die betreffenden Käufer wegen des Erwerbs eines solchen Fahrzeugs ist es Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, diese Modalitäten festzulegen.

93Allerdings stünden nationale Rechtsvorschriften, die es dem Käufer eines Kraftfahrzeugs praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, einen angemessenen Ersatz des Schadens zu erhalten, der ihm durch den Verstoß des Herstellers dieses Fahrzeugs gegen das in Art. 5 II VO Nr. 715/2007 enthaltene Verbot entstanden ist, nicht mit dem Grundsatz der Effektivität in Einklang.“

Kurz gesagt folgt aus dem vorzitierten EUGH-Urteil die verpflichtende Anweisung an die Mitgliedstaaten, dass diese gefälligst dafür zu sorgen haben, dass ein Schadensersatzanspruch von Verbrauchern wegen Abgasmanipulationen, die gegen das europäische Typengenehmigungsrecht verstoßen, nicht bloße Theorie bleiben.

Zum neuen Diesel-Urteil des BGH vom 26. Juni 2023 (Az. Via ZR 335/21)

Das nun ergangene Urteil des BGH vom 26. Juni 2023 (Az. Via ZR 335/21) will die vorbeschriebenen Vorgaben des EUGH umsetzen.

Im Ergebnis hat der BGH die Hürden für Schadensersatzklagen von Diesel-Käufern in Deutschland deutlich gesenkt, wobei (siehe dazu meinen Ausblick am Ende dieses Beitrags) es fraglich erscheint, ob der BGH den Verbrauchern damit weit genug entgegengekommen ist.

Gemäß der geänderten BGH-Rechtsprechung können Fahrzeughersteller künftig auch dann zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn sie „nur“ fahrlässig gehandelt haben.

Zudem hat der BGH die weitere Vorgabe des EUGH, wonach den Autokäufern auch ein effektiver Weg zu Schadenersatz offenstehen muss, dadurch umgesetzt, dass er betroffenen Verbrauchern grundsätzlich und ohne Notwendigkeit eines Sachverständigengutachtens Schadensersatz in einer Spanne von bei 5 bis 15 % des Kaufpreises zubilligt.

Im Einzelnen:

EG-Typengenehmigung kann Schadensersatzanspruch nicht ausschließen

In seinem Urteil stellt der BGH zunächst erneut klar, dass weder eine erteilte EG-Typengenehmigung noch eine hinzutretende Übereinstimmungsbescheinigung geeignet sein können, einen deliktischen Anspruch des Autokäufers von vornherein auszuschließen.

Entscheidend sei, dass EG-Typengenehmigungen sowie auch ggf. hinzutretende Übereinstimmungsbescheinigungen nur Wirkung bezüglich eines bestimmten Fahrzeugtyps hätten, für einen deliktsrechtlichen Anspruch aber die Betroffenheit des konkret erworben Fahrzeugs entscheidend sei.

Rückabwicklung („Großer“ Schadensersatz) nach wie vor nur bei vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung

Unverändert hält der BGH daran fest, dass „großer“ Schadensersatz nur im Falle einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung verlangt werden kann. Ein Käufer könne im Falle der Enttäuschung seines auf die Richtigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung gestützten Vertrauens nicht verlangen, dass der Fahrzeughersteller das Fahrzeug zurücknimmt und den Kaufpreis abzüglich erlangter Vorteile erstattet.

Zwar schütze das europäische Abgasrecht auch den einzelnen Autokäufer gegenüber dem Hersteller, wenn das gekaufte Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, aber, so der BGH wörtlich (vgl. Rn. 22 des Urteils):

„Das Unionsrecht verlangt, was aufgrund des Urteils des Gerichtshofs vom 21. März 2023 geklärt ist, gleichwohl nicht, den Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Kraftfahrzeugs so zu stellen, als habe er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen, also das Interesse auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in den sachlichen Schutzbereich der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV einzubeziehen.“

Der BGH begründet dies weiterhin u.a. mit dem beschränkten Unrechtsgehalt einer „nur“ schuldhaften Schutzgesetzverletzung im Verhältnis zu einer sittenwidrigen, vorsätzlichen Schädigung.

Der BGH sieht im Unionsrecht und der Rechtsprechung des EUGH keine Vorgabe dahingehend, dass das nationale Recht einen Anspruch auf Rückabwicklung vorsehen müsse. Er bezieht sich dabei darauf, dass der EUGH lediglich Sanktionen fordere, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssten. Er nimmt dabei auch auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs der Republik Österreich vom 25. April 2023 Bezug, der – für Österreich – einen Anspruch auf großen Schadensersatz bejaht hatte. Der BGH sieht diese Rechtsprechung in Modalitäten des nationalen, österreichischen Rechts begründet. Dem Urteil des Obersten Gerichtshofs entnimmt er dann auch, dass dieser selbst davon ausgehe, dass das Unionsrecht die Gewährung eines großen Schadensersatzes nicht fordere.

Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens wegen fahrlässiger Verletzung des EU-Abgasrechts

Der BGH räumt sodann ein, dass eine fahrlässige Verletzung des EU-Abgasrechts – in Form einer unzulässigen Abschalteinrichtung – einen Anspruch des Autokäufers auf Ersatz des sog. Differenzschadens begründen kann. 

Insoweit habe der EUGH vorgegeben, dass die sog. Übereinstimmungserklärung nach Artikel 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46EG einen individuellen Schutz des Fahrzeugkäufers, der auch darauf gerichtet sei, dass das erworbene Fahrzeug alle relevante Rechtsakte einhalte. Aus der Übereinstimmungserklärung leite sich gemäß EuGH insbesondere das Recht ab, das Fahrzeug ohne weitere technische Unterlagen in jedem Mitgliedstaat zulassen zu können.

Aus dieser Begründung wiederum folge nach der Rechtsprechung des EuGH eine Verknüpfung der Übereinstimmungserklärung mit der individuellen Kaufentscheidung des Verbrauchers. Dies wiederum korrespondiere mit dem vom BGH aufgestellten Erfahrungssatz, dass

„ein Käufer, der ein Fahrzeug zur eigenen Nutzung erwirbt, in Kenntnis der Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung von dem Erwerb des Fahrzeugs abgesehen hätte

(vgl. Rn. 30 des Urteils).

Als Ergebnis hat der BGH festgehalten (vgl. Rn. 32 des Urteils):

„Das demnach unionsrechtlich geschützte Interesse, durch den Abschluss eines Kaufvertrags über ein Kraftfahrzeug nicht wegen eines Verstoßes des Fahrzeugherstellers gegen das europäische Abgasrecht eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, ist von § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV nach der gebotenen unions- rechtlichen Lesart geschützt. (…)“

Erforderlichkeit eines Verschuldens des Autoherstellers

Unverändert fordert der BGH ein Verschulden des Autoherstellers.

Der BGH räumt dabei ein, dass sich der EuGH zwar mit einem Verschuldenserfordernis nicht auseinandergesetzt habe. Der EuGH habe aber – was mir fraglich erscheint (!) – aus dem Unionsrecht einen Schadensersatzanspruch wegen unzulässiger Abschalteinrichtung nicht unmittelbar abgleitet, sondern einen solchen, von den Mitgliedstaaten näher auszugestalten Anspruch lediglich gefordert. Unter Verweis auf nationales Recht der Bundesrepublik Deutschland hält der BGH am Verschuldenserfordernis fest und hat dazu ausgeführt (vgl. Rn. 37 des Urteils):

§ 823 Abs. 2 Satz 2 BGB erlaubt nach seinem Wortlaut eine von einem Verschulden des Schädigers unabhängige Ersatzpflicht nicht. Vielmehr tritt nach § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB, sofern nach dem Inhalt des Schutzgesetzes ein Ver- stoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich ist, die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein. Auch unter Ausschöpfung der Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung kommt demnach die Ableitung einer verschuldensunabhängigen Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB nicht in Frage. Nichts anderes gilt mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer unionsrechtskonformen Auslegung. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs findet eine solche Auslegung des nationalen Rechts ihre Grenze in einem im Gesetz zum Ausdruck kommenden Willen des nationalen Gesetzgebers (EuGH, Urteil vom 22. Januar 2019 – C-193/17, NZA 2019, 297 Rn. 74 mwN).“

Soweit der betroffene Autokäufer das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung nachgewiesen hat, steht dem Fahrzeughersteller damit nach wie vor die Möglichkeit offen, darzulegen und zu beweisen, dass er weder vorsätzlich gehandelt noch fahrlässig verkannt hat, dass das Kraftfahrzeug den unionsrechtlichen Vorgaben nicht entspricht. Gelingt dem Fahrzeughersteller das, haftet er auch in Zukunft nicht! Denn deutsche Recht der unerlaubten Handlung setzt für eine deliktische Haftung des Schädigers stets ein Verschulden voraus. Denn die deutschen Gerichte können – so der BGH – eine verschuldensunabhängige deliktische Haftung, die auch nach den Vorgaben des EuGH im Rahmen des geltenden nationalen Rechts zu entscheiden haben, nicht anordnen.

Erforderlichkeit einer Vermögensminderung – Differenzschaden stets anzunehmen

Für Fahrlässigkeitssachverhalte hält der BGH weiter an dem allgemeinen Grundsatz fest, dass ein Schadensersatzanspruch eine Vermögensminderung durch die enttäuschte Vertrauensinvestition bei Abschluss des Kaufvertrags über das Kraftfahrzeug voraussetzt.

Ausgehend von der Vorgabe des EuGH, den Verbrauchern einen „effektiven Schadensersatzanspruch“ zu gewähren, knüpft der BGH bei der erforderlichen Vermögensminderung an die jederzeitige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs an, der ein für sich gesehen ein Geldwert zukomme.

Mit „Rücksicht auf den geldwerten Vorteil der jederzeitigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs“, genüge schon „die rechtliche Möglichkeit einer Nutzungsbeschränkung, die mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung gegeben ist“ (vgl. Rn. 42 des Urteils), um einen Schaden zulasten es Autokäufers anzunehmen.

Entsprechend erleidet der Käufer eines Fahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne des Unionsrechts versehen ist, stets einen Schaden, weil aufgrund einer drohenden Betriebsbeschränkung oder Betriebsuntersagung die Verfügbarkeit des Fahrzeugs in Frage steht.

Zugunsten des Käufers greift dabei laut BGH der bereits erwähnte Erfahrungssatz, dass er im Falle der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung das Fahrzeug nicht zu dem vereinbarten Preis gekauft hätte. Entsprechend ist für den erforderlichen Vermögensvergleich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen.

Schadenshöhe im Bereich von 5% bis 15% des gezahlten Kaufpreises

Ausgehend von den Vorgaben des EUGH, wonach das nationale Recht eine effektive Sanktion für die Verletzung des Unionsrechts bereithalten muss, hat der BGH weiter entschieden, dass dem einzelnen Käufer stets und ohne Erforderlichkeit eines Schadensgutachtens ein Schadensersatz in Höhe von wenigstens 5% und höchstens 15% des gezahlten Kaufpreises zu gewähren ist.

Begründet hat der BGH die Schätzung eines Schadens innerhalb dieser Spanne damit, dass einerseits ein Mindestschaden erforderlich sei, um so eine hinreichend effektive Sanktionierung sicherzustellen, anderseits aber berücksichtigt werden müsse, dass Gründe der Verhältnismäßigkeit und auch der den Hersteller treffende Kumulierungseffekt infolge mehrfacher Verkäufe eine Obergrenze gebieten.

Der BGH hat zur Begründung der Schätzungsspanne im Einzelnen ausgeführt (vgl. Rn. 72 ff. des Urteils):

„Nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat der Tatrichter die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu schätzen. Mit der Einräumung der Befugnis der Schadensschätzung nimmt das Gesetz in Kauf, dass das Ergebnis der Schätzung die Wirklichkeit nicht vollständig abbildet, solange sie nur möglichst nahe an diese heranführt. (…)

Die Schätzung des Differenzschadens unterliegt in den Fällen des Vertrauens eines Käufers auf die Richtigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung bei Erwerb eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Kraftfahrzeugs unionsrechtlichen Vorgaben. (…)

Der geschätzte Schaden kann aus Gründen unionsrechtlicher Effektivität nicht geringer sein als 5% des gezahlten Kaufpreises. Anderenfalls wäre die Sanktionierung eines auch bloß fahrlässigen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 im Hinblick auf die Förderung der unionsrechtlichen Ziele wegen ihrer Geringfügigkeit nicht hinreichend wirksam. (…)

Ein allein nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und nicht auch nach §§ 826, 31 BGB geschuldeter Schadensersatz kann umgekehrt aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht höher sein als 15% des gezahlten Kaufpreises. Die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV umfasst Fälle objektiv vergleichsweise geringfügiger Rechtsverstöße, die der Gesetzgeber lediglich als Ordnungswidrigkeit eingeordnet hat. Hinzu kommt, dass die Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV den Fahrzeughersteller bezogen auf ein einzelnes Kraftfahrzeug im Falle der mehrfachen Veräußerung mehrfach trifft, so dass ein Kumulierungseffekt eintreten kann. (…)

Innerhalb dieser Bandbreite obliegt laut BGH die genaue Festlegung dem Tatrichter, der sein Schätzungsermessen ausüben kann, ohne sich vorher sachverständig beraten lassen zu müssen.

Ausblick

Dieses BGH-Urteil wird nicht das letzte zum Dieselskandal gewesen sein.

Das Urteil zeigt das nachvollziehbare und begrüßenswerte Bemühen des BGH, die Eingriffe des EuGH in die grundsätzlich allein den Mitgliedstaaten obliegende Regelung deliktsrechtlicher Ansprüche auf ein Minimum zu begrenzen. Besonders zeigt sich dies beim Verschuldenserfordernis, an dem der BGH mit „krampfhaft“ anmutender Begründung festhält, obwohl der EuGH von jedem Mitgliedstaat einen Schadensersatzanspruch fordert, der allein an eine unzulässige Abschalteinrichtung anknüpft.

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Der Verstoß gegen eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung kann schadensersatzpflichtig machen! – Zum Urteil des BGH vom 17.10.2019 (Az. III ZR 42/19)

Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

Leider ist es aber keine Seltenheit, dass der andere Vertragspartner im Streitfall von der Gerichtsstandsvereinbarung plötzlich nichts mehr wissen will. Hintergrund eines solchen an sich unredlichen Vorgehens ist – auf der Hand liegend – nicht zuletzt das Erpressungspotential, das sich mit einem solchen Vorgehen verbindet. Denn die sich – unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung – einer ausländischen Klage ausgesetzt sehende Partei ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen regelmäßig gezwungen, im Ausland über Anwälte tätig zu werden. Dies wiederum ist oftmals sehr teuer, wobei hierbei die USA das wohl prominenteste Beispiel darstellen.

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Corona als Störung der Geschäftsgrundlage?

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Corona als Störung der Geschäftsgrundlage? Pacta sunt servanda – auch in Corona Zeiten!

Der BGH hat mit Blick auf Corona als Störung der Geschäftsgrundlage  jüngst in zwei richtungsweisenden Urteilen klargestellt, dass dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ („Verträge sind einzuhalten“) auch unter ungewöhnlichen, von niemanden einkalkulierten Umständen wie die Corona-Krise besondere Beachtung gebührt. Richtig so!

Concept of signing to sign a contract.

Problembeschreibung: Corona als Störung der Geschäftsgrundlage?

Unzählige Vertragsverhältnisse konnten seit Beginn der Corona-Krise nicht planmäßig durchgeführt werden (vgl. dazu auch diesen Beitrag). Schuld waren meist die staatlichen Corona-Maßnahmen, für die naturgemäß keine der Vertragsparteien eine Verantwortung trifft. Dies hat die spannende Frage aufgeworfen, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen die vertragliche Hauptleistung – z.B. die Überlassung der Räumlichkeiten in mietrechtlichen Konstellationen – trotz der Corona-Maßnahmen nach wie vor erbracht werden konnte, allerdings die Nutzung der Räume für den Mieter infolge der Corona-Maßnahme ganz oder teilsweise nicht möglich war.

Die Instanzgerichte haben in den zurückliegenden rund zwei Jahren unter Verweis auf Corona als Störung der Geschäftsgrundlage allzu leicht der belasteten Partei – im vorgenannten Beispiel also dem Mieter – das Recht auf Kürzung oder gar Fortfall der eigenen Leistungspflicht (z.B. Mietzahlung) zugesprochen. Oft wurde dabei pauschal vorgegangen und z.B. eine Teilung ausgeurteilt.

Dieses Vorgehen ist nach nun ergangener BGH-Rechtsprechung rechtlich nicht haltbar. Dieser Rechtsprechung ist zuzustimmen!

Die Klarstellungen des BGH zu Corona als Störung der Geschäftsgrundlage  im Einzelnen 

Ausgangspunkt: pacta sunt servanda

Wie schon eingangs erwähnt, hat der BGH in zwei aktuellen, für das Recht auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) richtungsweisenden Entscheidungen in begrüßenswert deutlicher Form klargestellt, dass Verträge auch im Falle einer späteren schwerwiegenden Änderung der vertraglichen Grundlagen grundsätzlich einzuhalten sind.

Würdigung der vereinbarten und/oder im Vertrag angelegten Risikoverteilung – wer trägt das Verwendungsrisiko?

Dies gilt insbesondere und selbstverständlich dann, wenn das sich infolge der geänderten Umstände realisierte Risiko einer Vertragspartei gesetzlich und/oder vertraglich zugewiesen ist.

Am Beispiel des Gewerberaummietrechts hat der BGH in seinem Urteil vom 12. Januar 2022, Az. XII ZR 8/21, erläutert, wie streng die Verpflichtung zum Einhalten eines geschlossenen Gewerbemietvertrages zu verstehen ist.

Dazu Folgendes:

Gegenstand dieses neuen Urteils des BGH vom 12. Januar 2022 war die vollständige Schließung eines Ladengeschäfts, die durch Corona bedingte behördliche Maßnahmen erforderlich geworden war.

Für den Mieter bedeutete dies für den Schließungszeitraum einen vollständigen Wegfall der Verwendungsmöglichkeiten hinsichtlich des von ihm angemieteten Gewerberaums.

Zu diesem Sachverhalt hat der BGH festgestellt, dass

  • der komplette Fortfall der Verwendungsmöglichkeiten weder einen Mangel der Mietsache noch einen Fall der Unmöglichkeit der Überlassung der Mietsache darstellt, und
  • bei mietrechtlichen Vertragsverhältnissen das sogenannte Verwendungsrisiko qua Gesetz beim Mieter liegt.

Gegenstand des Verwendungsrisikos ist dabei laut BGH insbesondere auch die Erwartung des Mieters ist, Gewinne erwirtschaften zu können.

Noch bedeutsamer ist die weitere Feststellung des BGH, dass die Übernahme des vorgeschriebenen Verwendungsrisikos auch nachträglich eintretende Umstände, z.B. in Form behördlicher Maßnahmen, umfasst. Der BGH hat ausgeführt:

„Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 – XII ZR 189/09NJW 2011, 3151 Rn. 8 f. mwN).“

Recht auf Vertragsanpassung als große Ausnahme

Als eine Konsequenz daraus, dass das Verwendungsrisiko auch nachträglich eintretende, dabei möglicherweise schwerwiegend wirkende, Umstände umfasst, hat der BGH weiterhin klargestellt, dass ein Anspruch der betroffenen Partei auf Vertragsanpassung unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB nicht in Betracht kommen kann, wenn und soweit die fraglichen Umstände, auf die ein solches Anpassungsrecht gestützt wird, vom von dieser Partei übernommenen Vertragsrisiko umfasst ist.

Der BGH hat dazu in wiederum begrüßenswerter Klarheit ausgeführt:

„Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil BGHZ 223, 290 = NJW 2020, 331 Rn. 37 mwN).“

Zwischen Fazit zur Bedeutung von Corona als Störung der Geschäftsgrundlage

„Pacta sunt servanda“ bedeutet, dass übernommene Vertragspflichten grundsätzlich auch bei einer nachträglichen schwerwiegenden Veränderung der dem Vertrag zugrunde liegenden Umstände unverändert fortgelten.

Insbesondere wenn also nach den getroffenen Vereinbarungen ein bestimmtes Vertragsrisiko, z.B. das Verwendungsrisiko, von einer Partei übernommen worden ist, so können Umstände, die dieses übernommene Risiko betreffen, nicht Basis eines Vertragsanpassungsanspruchs sein.

BEACHTE:

Selbst wenn eine Auslegung der Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die im fraglichen Fall eingetretenen Umstände das übernommene Risiko „sprengen“, führt dies nicht dazu, dass die vereinbarte Risikoverteilung unbeachtlich wird.

Vielmehr trägt in solchen Fällen, auch dies hat der BGH klargestellt, die nach den getroffenen Vereinbarungen risikotragende Partei das verwirklichte Risiko nicht allein. Anhand der Umstände des Einzelfalles ist zu ermitteln, wie die Parteien an den Folgen des verwirklichten Risikos konkret zu beteiligen sind. Der BGH hat ausgeführt:

„Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen.“

Wichtig an vorzitierter Feststellung ist wie gesagt, dass der BGH selbst bei einer kompletten Schließung nur annimmt, dass in diesem Fall das Verwendungsrisiko nicht allein beim Mieter zu sehen ist.

Inhalt und Verlust des Vertragsanpassungsrechts

Für den Fall, dass der betroffenen Partei ausnahmsweise ein Recht auf Vertragsanpassung gemäß den vorgeschriebenen Kriterien zuzubilligen ist, hat der BGH auf Rechtsfolgenseite, also mit Blick auf den Inhalt einer etwaigen Vertragsanpassung, wiederum dem Grundsatz des pacta sunt servanda ein hohes Gewicht beigemessen.

Mit weiterem Urteil vom 2. März 2022, Az XII. ZR 36/21 hat der BGH zunächst darauf hingewiesen, dass es für ein Recht auf Vertragsanpassung noch nicht ausreichend ist, dass die fraglichen veränderten Umstände das vertraglich übernommene Risiko übersteigen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 12. Januar 2022 (Az. XII ZR 8/21) ausgeführt:

Auch wenn die mit einer pandemiebedingten Betriebsschließung verbundene

Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann.“

Vielmehr muss hinzukommen, dass unter Würdigung wiederum aller Umstände des Einzelfalls das unveränderte Festhalten am Vertrag als gänzlich unzumutbar erscheint.

Für die Frage der Zumutbarkeit kommt der vereinbarten Risikoverteilung besondere Bedeutung zu. Dies hat der BGH in diesem weiteren Corona-Urteil vom 2. März 2022 (Az. XII ZR 36/21) explizit herausgestellt:

Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Das Gericht muss daher nach § 313 Abs. 1 BGB diejenigen Rechtsfolgen wählen, die den Parteien unter Berücksichtigung der Risikoverteilung zumutbar sind (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 89) und durch die eine interessengerechte Verteilung des verwirklichten Risikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt wird (BGH Urteil vom 21. September 1995 – VII ZR 80/94ZIP 1995, 1935, 1939 mwN).“

Den vorzitierten Ausführungen des BGH ist eine weitere wichtige und dabei sehr begrüßenswerte Feststellung zu entnehmen. Diese besteht darin, dass im Falle der Bejahung eines Vertragsanpassungsanspruchs inhaltlich eine Anpassung zu wählen ist, die einen möglichst geringen Eingriff in das ursprünglich Vereinbarte darstellt. Damit hat der BGH ein weiteres Mal den hohen Stellenwert des Pacta-sunt-servanda Grundsatzes herausgestellt.

Vertragsanpassungen sind nach den zutreffenden Ausführungen des BGH „Millimeter Arbeit“.

Jede inhaltliche Anpassung des Vereinbarten bedarf einer besonderen Rechtfertigung, die unter Beachtung der vorbeschriebenen Kriterien und unter Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu begründen ist.

BEACHTE:

Aus dem Dargestellten folgt, konsequenterweise, dass die unter Umständen anspruchsberechtigte Partei ihr Vertragsanpassungsrecht auch wieder – und zwar endgültig – verlieren kann!

Dies gilt nämlich dann, wenn die Partei das ihr angebotene Anpassungsrecht endgültig ablehnt. Letzteres war im vom BGH mit Urteil vom 2. März 2022 entschiedenen Fall gegeben.

In diesem Fall musste die dort streitgegenständliche Hochzeitsfeier Corona-bedingt für den geplanten Termin abgesagt werden. Vom Vermieter der Hochzeitsräumlichkeiten waren Ersatztermine genannt worden, an denen das Brautpaar allerdings kein Interesse mehr zeigte, es wollte ausschließlich die bereits gezahlte Miete erstattet bekommen.

Der BGH hat dazu entschieden, dass der Anspruch auf Rückzahlung der Miete nicht besteht. Das Ehepaar hätte sich zumindest mit einer Verschiebung der Feier einverstanden erklären müssen. Da es dies abgelehnt hatte, blieb es bei der Mietzahlungspflicht. 

Der BGH hat ausgeführt (ab Rz. 41 des Urteils):

(…) Rechtsfehlerhaft ist dagegen, dass das Berufungsgericht nicht ausreichend in den Blick genommen hat, ob sich der Anspruch der Kläger nach § 313 Abs. 1 BGB auf Vertragsanpassung auf die von der Beklagten angebotene Verlegung der Hochzeitsfeier beschränkt, weil bereits dadurch eine interessengerechte Verteilung des Pandemierisikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt werden kann. (…)  Dabei hat es jedoch nicht angemessen berücksichtigt, dass die Beklagte den Klägern bereits am 26. März 2020 eine Vielzahl von Ausweichterminen, auch für das Jahr 2021, angeboten hat, die den Klägern eine langfristige Planung auch unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklung des Pandemiegeschehens ermöglicht hätte. Dieses Angebot zu einer kostenlosen Umbuchung des Termins hat die Beklagte am 25. April 2020 wiederholt. Die Kläger waren jedoch zu weiteren Verhandlungen mit der Beklagten über eine angemessene Vertragsanpassung nicht bereit und haben das Angebot auf Verlegung des Termins pauschal abgelehnt. Dies zeigt, dass die Kläger an einer interessengerechten Lösung nicht interessiert waren, sondern allein eine Aufhebung des Mietvertrags erreichen und damit das Risiko der Absage der Feier einseitig auf die Beklagte verlagern wollten.

(…)

Die von den Klägern angestrebte Vertragsanpassung dahingehend, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung ganz oder teilweise befreit werden, kommt somit nicht in Betracht, weil ihnen die Annahme des Angebots der Beklagten auf Verlegung des Termins für die geplante Hochzeitsfeier unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung (§ 313 Abs. 1 BGB) zumutbar ist. (…)“

BEACHTE:

Wesentlich ist das vorzitierte Urteil vom 2. März 2022 auch unter einem weiteren Gesichtspunkt. Denn der BGH hat in diesem Urteil, das im Anschluss an das erste Corona-Urteil vom 12. Januar 2022 (BGH-Urteil vom 12.02.2022, Az. XII ZR 8/21), bei dem es bekanntlich um Gewerbemietrecht ging, ergangen ist, nun auch für den  Verbraucherbereich entschieden, dass der Grundsatz „pacta sunt servanda“ sehr streng anzuwenden ist und eine Vertragsanpassung daher nur in absoluten Ausnahmefällen gerechtfertigt sein kann.

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Corona als Störung der Geschäftsgrundlage? – Gesamt-Fazit

Pacta sunt servanda! Auch in Corona-Zeiten.

 

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Der Verstoß gegen eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung kann schadensersatzpflichtig machen! – Zum Urteil des BGH vom 17.10.2019 (Az. III ZR 42/19)

Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

Leider ist es aber keine Seltenheit, dass der andere Vertragspartner im Streitfall von der Gerichtsstandsvereinbarung plötzlich nichts mehr wissen will. Hintergrund eines solchen an sich unredlichen Vorgehens ist – auf der Hand liegend – nicht zuletzt das Erpressungspotential, das sich mit einem solchen Vorgehen verbindet. Denn die sich – unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung – einer ausländischen Klage ausgesetzt sehende Partei ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen regelmäßig gezwungen, im Ausland über Anwälte tätig zu werden. Dies wiederum ist oftmals sehr teuer, wobei hierbei die USA das wohl prominenteste Beispiel darstellen.

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EURO-Klauseln – Vorbeugung gegen Eurokrisenszenarien

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EURO-Klauseln: Vorbeugung gegen Eurokrisenszenarien

EURO-Klauseln werden bis heute überwiegend mit der Einführung des Euro in Verbindung gebracht. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit dem unschönen Fall, dass der Euro in eine Krise gerät, verbunden z.B. mit dem Ausstieg einzelner Staaten aus der Euro-Zone. Zur Vorbeugung dieses Falles lohnt es sich, über „Nach-EURO“-Klauseln nachzudenken.

Problembeschreibung

Die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist Eckfeiler eines jedes „guten“ Vertrages. Nun stelle man sich Folgendes vor: Lieferant A verpflichtet sich gegenüber Abnehmer B zur Lieferung einer komplexen industriellen Anlage zum Preis von 20 Mio. Euro. Die letzte Zahlungsrate in Höhe von 2 Millionen Euro wird erst nach Fertigstellung und Abnahme fällig. Mit der Abnahme ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach Plan erst nach 2 Jahren zu rechnen. Ohne viel Fantasie führt dies zu der Frage, wie bzw. ob eigentlich sichergestellt ist, dass 2 Mio. Euro zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und 2 Mio. Euro zum Zeitpunkt der Abnahme 2 Jahre später noch (in etwa) gleichwertig sind. Die Antwort ist: Dies ist schlichtweg nicht sichergestellt! Die aktuell wegen Vorrang des Gesundheitsschutzes noch nicht so sehr im Fokus stehenden wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise, die aus diversen Gründen wohl auch den Euro nicht unerheblich belasten werden, lassen die Frage, wie sich der Lieferant gegen Währungsrisiken und damit einem drohenden Wertverfall der ihm vereinbarungsgemäß zustehenden Gegenleistung vertraglich schützen kann, hoch aktuell erscheinen. Der nachfolgende Beitrag ordnet die Problematik zunächst rechtlich ein und zeigt einige vertragsrechtliche Lösungsansätze überblicksmäßig auf.

 

 

 
 
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Erforderlichkeit vertraglicher Regelungen

Die eingangs erwähnten wirtschaftlichen Folgen, die die Corona-Krise erst noch zutage bringen wird, bedrohen die Stabilität des Euro in vielerlei Hinsicht. Bliebe es bei nur bei einer wohl zu erwartenden überdurchschnittlichen Inflation wäre dies als Best Case zu bezeichnen. Nicht auszuschließen ist eine politisch motivierte schmerzhafte Geldentwertung, der Ausstieg einzelner Staaten aus der Euro-Zone oder gar ein Zerbrechen der Währungsunion. Ist ein Vertrag von diesem Szenario betroffen, stellt sich die Frage für den Lieferanten, ob er gegen eine hieraus resultierende Entwertung seiner Gegenleistung, die auf einen bestimmten Euro-Betrag gerichtet ist, rechtlich abgesichert ist.

Denken könnte man an eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Demnach kann Anpassung eines Vertrages gefordert werden, wenn

„(…) sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, (…)“

Im Falle der hier diskutierten Währungsrisiken dürfte ein Anpassungsanspruch meist an der Voraussetzung mangelnder Vorhersehbarkeit scheitern. Die Risiken rund um die Euro-Zone sind seit langer Zeit in schwankender Intensität ein Thema.

Im Falle eines Austritts einzelner Euro-Staaten oder auch einer Beendigung der Währungsunion dürfte § 313 BGB zudem entgegenstehen, dass der Gesetzgeber ggf. – wie schon bei Einführung des Euro – den Grundsatz der Vertragskontinuität festschreiben wird. So wurde damals bei Einführung des Euro über Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17. Juni 1997 Folgendes geregelt:

„Die Einführung des Euro bewirkt weder eine Veränderung von Bestimmungen in Rechtsinstrumenten oder eine Schuldbefreiung noch rechtfertigt sie die Nichterfüllung rechtlicher Verpflichtungen, noch gibt sie einer Partei das Recht, ein Rechtsinstrument einseitig zu ändern oder zu beenden. Diese Bestimmung gilt vorbehaltlich etwaiger Vereinbarungen der Parteien.“

Zwischenergebnis zu EURO-Klauseln

Wie eingangs schon erwähnt, ist der Lieferant als Geldgläubiger gegen das Risiko einer Geldentwertung und damit einhergehend einer Störung des Aquivalenzverhältnisses
zwischen Leistung (= Lieferung) und Gegenleistung (= Geldzahlung) nicht geschützt. Er sollte daher nach Möglichkeiten suchen, sich hiergegen vertraglich abzusichern.

 

Formen zulässiger Vertragsklauseln

Nachdem herausgearbeitet ist, dass der Lieferant als Geldgläubiger gegen die Risiken, die mit einer „echten“ Euro-Krise einhergingen, nicht ohne weiteres geschützt ist, stellt sich die Frage, in welcher Form er mit seinem Geschäftspartner vertraglich vorbeugen kann.

Preisanpassungsklauseln

Auf den ersten Blick erscheinen automatische Preisanpassungsklauseln als das Mittel der Wahl. Bei solchen Klauseln wird der Preis orientiert an einem in Bezug genommen Index (z.B. Verbrauchpreisindex) automatisch angepasst.

Zwar sind solche Klauseln zur Wertsicherung im Grundsatz höchstrichterlich anerkannt. Leider hat der Gesetzgeber dieser Lösung aber recht enge Grenzen gesetzt. Insbesondere ist eine automatische Preisanpassung verboten. Zu nennen sind das Preisklauselgesetz sowie das AGB-Recht. Gemäß Preisklauselgesetz gilt ein sog. Indexierungsverbot, das die Vereinbarung einer automatischen Preisanpassung grundsätzlich untersagt, vgl. § 1 Abs. 1 Preisklauselgesetz:

„Der Betrag von Geldschulden darf nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind.“

Hintergrund ist, dass ansonsten befürchtet würde, dass durch automatische Preisanpassungsklauseln unerwünschte Inflation unkontrolliert angetrieben werden könnte.

Das Gesetz sieht allerdings Ausnahmen vor, die eine (nicht automatische) Preisanpassung erlauben, vgl. § 1 Abs. 2 Preisklauselgesetz:

(2) Das Verbot nach Absatz 1 gilt nicht für Klauseln,

1. die hinsichtlich des Ausmaßes der Änderung des geschuldeten Betrages einen Ermessensspielraum lassen, der es ermöglicht, die neue Höhe der Geldschuld nach Billigkeitsgrundsätzen zu bestimmen (Leistungsvorbehaltsklauseln),
2. bei denen die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Güter oder Leistungen im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind (Spannungsklauseln),
3. nach denen der geschuldete Betrag insoweit von der Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen abhängig gemacht wird, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen (Kostenelementeklauseln),
4. die lediglich zu einer Ermäßigung der Geldschuld führen können

Von diesen Ausnahmen interessant sind insbesondere die Leistungsvorbehaltsklauseln sowie die Spannungsklauseln.

Zulässige Leistungsvorbehaltsklauseln sehen anstatt einer – verbotenen – automatischen Preisanpassung vor, dass der Berechtigte bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen (insb. Änderung der Bezugsgröße, Eintritt eines bestimmten Ereignisses) nach seinem Ermessen den Preis neu bestimmen darf. Es dürfte jedem einleuchten, dass ein solches einseitiges Bestimmungsrecht (§ 315 BGB) rechtlich schnell auf Bedenken stößt. Hier kommt dann ggf. auch schnell das AGB-Recht ins Spiel. Der BGH hat zur grundsätzlichen Zulässigkeit und Berechtigung von Leistungsvorbehaltsklauseln mit Urteil vom 9. Mai 2012 (Az. XII ZR 79/10) ausgeführt:

„Nach der Rechtsprechung des BGH stellen Preisänderungsklauseln bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insbesondere solchen, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind, ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung dar. Denn sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (…)

Dabei ist das Interesse des Vertragspartners des Verwenders einer Preisänderungsklausel daran zu berücksichtigen, vor Preisanpassungen geschützt zu werden, die über die Wahrung des ursprünglich festgelegten Äquivalenzverhältnisses hinausgehen (vgl. BGHZ 94, BGHZ Band 94 Seite 355 = NJW 1985, NJW Jahr 1985 Seite 2270; BGHZ 158, BGHZ Band 158 Seite 149 = NJW 2004, NJW Jahr 2004 Seite 1588 [NJW Jahr 2004 1590]; jew. m. w. Nachw.).“

Erforderlich und unabdingbar ist nach der Rechtsprechung des BGH ein berechtigtes Interesse des von der Klausel Begünstigten sowie eine hinreichende Konkretisierung der Voraussetzungen für das Anpassungsrecht, um die Interessen des Vertragspartners ausreichend und damit AGB-sicher zu schützen. Für den Vertragspartner muss hinreichend ersichtlich sein, was auf ihn zukommt. Der BGH hat mit Urteil vom 25. November 2015 (Az. VIII ZR 360/14) ausgeführt:

„(…) Allerdings kann sich nach § 307 I 2 BGB eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners iSd § 307 I 1 BGB auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen sowie wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen zu lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (…)“

Spannungsklauseln nehmen für eine Preisanpassung einen bestimmten Index in Bezug, der sich auf mit dem Vertragsprodukt vergleichbare Güter bezieht. Um die Wirksamkeit der Klausel zu gewährleisten, muss die Regelung hinreichend bestimmt und dem Kriterium der Vergleichbarkeit genüge getan sein. „Vergleichbarkeit“ erfordert, dass das in Bezug genommene Vergleichsgut gleichartig ist oder zumindest dem Wesen nach vergleichbar ist. Das Verhältnis zwischen Geldschuld und Bezugsgröße muss „nach der Verkehrsanschauung“ gleichartig sein. Die Bezugsgröße muss dem zu sichernden Schuldverhältnis eigentümlich und wesensgemäß sein. Nach allem handelt es sich um eine Wertungsfrage, so dass bei Gestaltung einer entsprechenden Klausel besondere Vorsicht geboten ist, um das Risiko der Unwirksamkeit zu minimieren.

Nachverhandlungsklauseln

Die oben beschriebenen Unsicherheiten bei der vertraglichen Ausgestaltung einer Preisanpassungsklausel lassen sich durch eine reine Nachverhandlungsklausel umgehen.

Mit einer Nachverhandlungsklausel lässt sich vereinbaren, dass die Parteien bei erheblicher Veränderung der Umstände – hier also ggf. des Geldwertes – zu Nachverhandlungen verpflichtet sind. Es gibt also kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, sondern „nur“ die Verpflichtung beider Parteien, den ursprünglichen Preis nachzuverhandeln. Großer Vorteil einer solchen Regelung ist, dass deren Wirksamkeit kaum in Frage gestellt werden kann. Über eine geeignete Formulierung der Klausel lässt sich dabei weitgehend sicherstellen, dass sich der Vertragspartner einer Preisanpassung nicht gänzlich versperren kann.

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Fazit zu (Nach) EURO-Klauseln

Das einleitend beschriebene Risiko hinsichtlich des Euro ist seiner Höhe nach schwer einzuschätzen. Durch eine „Nach-EURO“-Klausel zur Wertsicherung lässt sich dieses Risiko im beschriebenen Rahmen ausschalten. Sie als Unternehmer haben so eine Sorge weniger.

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Der Verstoß gegen eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung kann schadensersatzpflichtig machen! – Zum Urteil des BGH vom 17.10.2019 (Az. III ZR 42/19)

Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

Leider ist es aber keine Seltenheit, dass der andere Vertragspartner im Streitfall von der Gerichtsstandsvereinbarung plötzlich nichts mehr wissen will. Hintergrund eines solchen an sich unredlichen Vorgehens ist – auf der Hand liegend – nicht zuletzt das Erpressungspotential, das sich mit einem solchen Vorgehen verbindet. Denn die sich – unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung – einer ausländischen Klage ausgesetzt sehende Partei ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen regelmäßig gezwungen, im Ausland über Anwälte tätig zu werden. Dies wiederum ist oftmals sehr teuer, wobei hierbei die USA das wohl prominenteste Beispiel darstellen.

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Vereinbarung von Freihaltepflichten

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Die Vereinbarung von Freihaltepflichten – ein unterschätztes Instrument des Vertragsrechts

Die vertragliche Vereinbarung von Freihaltepflichten ist ein bis heute selten angewandtes vertragliches Instrument. Dabei können solche Freihaltevereinbarungen gerade in Mehr-Parteien-Konstellationen sehr hilfreich sein. Ein besonders relevantes Beispiel liegt im Bereich des sehr komplexen und daher streitträchtigen Anlagenbaus. Hier kann sich durch Freihaltevereinbarungen die typischerweise unangenehme Position des Generalunternehmers gegenüber Auftraggeber und Subunternehmer erheblich verbessern, wenn es um die Gewerke seiner Subunternehmer geht.

Hierüber will der Autor das interessierte Publikum in nachfolgendem Beitrag informieren.

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Das Problem: Die „Sandwich-Position“ des Generalunternehmers

Bei den Gewerken seiner Subunternehmer sitzt der Generalunternehmer gewissermaßen „zwischen den Stühlen“.

Gibt es ein Problem, das auf ein Gewerk eines Subunternehmers zurückgeht, wird die Problematik leicht sichtbar:

Der Generalunternehmer hat zwei Vertragspartner, den Auftraggeber und den Subunternehmer. Nun stelle man sich folgende, nicht seltene Konstellation vor:

Der Auftraggeber konfrontiert den Generalunternehmer mit einer Mängelrüge, die ein Subunternehmer-Gewerk betrifft. Aus Sicht des Auftraggebers hat der Generalunternehmer als sein alleiniger Vertragspartner den Mangel zu verantworten. Aus Sicht des Generalunternehmers sieht dies wiederum anders aus, denn der Subunternehmer schuldet ihm gegenüber eine mangelfreie Lieferung. Folgerichtig wird der Generalunternehmer diese Mängelrüge an den betreffenden Subunternehmer weiterreichen. Im (seltenen) Idealfall herrscht Einigkeit über den Mangel und der Subunternehmer wird den Mangel zur allseitigen Zufriedenheit beheben. Doch was passiert, wenn der Subunternehmer streikt und das Vorliegen eines Mangels zurückweist? In diesen Fällen ann die Vereinbarung Freihaltepflichten zwischen Generalunternehmer und Subunternehmer helfen.

Was bedeutet Freihaltung?

Der (vermeintlichen) Unschärfe des Begriffs Freihaltung ist es wohl unter anderem geschuldet, dass wie eingangs erwähnt Freihaltevereinbarungen bis heute eher selten sind.

Tatsächlich hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der hohen praktischen Bedeutung der Übernahme von Freihaltepflichten bereits umfassend und aussagekräftig beschäftigt

Nach dieser als gefestigt zu bezeichnenden BGH-Rechtsprechung sind Freihaltepflichten sehr weitreichend (vgl. nur BGH, Urteil vom 15.12.2010, Az. VIII ZR 86/09, Rz. 12). So gehört gemäß dem vorbezeichneten Urteil des BGH zu jeder Freihaltepflicht

„(…) grundsätzlich auch die Pflicht zur Abwehr unbegründeter Ansprüche Dritter (Senatsurteil vom 24.06.1970 – VIII ZR 268/67, NJW 1970, 1594 unter II 1 b; BGH, Urteile vom 19.01.1983 – IVa ZR 116/81, WM 1983, 387 unter 2 a; vom 19.04.2002 – V ZR 3/01, WM 2002, 1358 unter II 3; vom 24.10.2002 – IX ZR 355/00, BGHZ 152, 246, 255).

Zur Begründung führte der BGH aus:

„(….) Denn mit der Übernahme einer Freistellungspflicht soll der Freizustellende typischerweise jeglichen Risikos einer Inanspruchnahme durch Dritte enthoben werden und insbesondere nicht der Gefahr ausgesetzt sein, wegen einer begründeten Forderung Dritter mit einer Klage überzogen zu werden oder in Fehleinschätzung der Sach- und Rechtslage eine unbegründete Forderung zu erfüllen und sich dies als eigenes Fehlverhalten entgegenhalten lassen zu müssen (Senatsurteil vom 24. Juni 1970 – VIII ZR 268/67, aaO unter II 1 b, 2; BGH, Urteil vom 19. April 2002 – V ZR 3/01, aaO).“

Dies bedeutet:

Der zur Freistellung Verpflichtete hat den Freizustellenden grundsätzlich jeglichen Risikos einer Inanspruchnahme durch Dritte zu entheben, und demgemäß ggf. auch die Abwehr einen solchen Inanspruchnahme zu übernehmen.

Bei uneingeschränkter Freihaltepflicht darf der Freizustellende daher erwarten, dass der zur Freistellung Verpflichtete ihn sozusagen von allen Sorgen rund um Ansprüche der betroffenen Dritten entledigt.

 

 

Folgen der Verletzung von Freihaltepflichten

Verstößt der zur Freistellung Verpflichtete gegen die von ihm übernommene Freihaltepflicht, stellt sich die wichtige Frage, welche Reaktionsmöglichkeiten daraus für den Begünstigten erwachsen.

Freistellungsansprüche sind primär nicht auf Zahlung gerichtet. Der Freizustellende kann also zunächst nicht Zahlung an sich selbst verlangen. Auch umgekehrt kann der zur Freistellung Verpflichtete nicht durch Zahlung an den Freizustellenden erfüllen.

Allerdings kann sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch wandeln. Hierzu bedarf es einer erfolglosen Fristsetzung zur Erfüllung der primären Freistellungspflicht. Wenn nämlich der zur Freistellung Verpflichtete ernsthaft und endgültig die geforderte Freistellung verweigert, wandelt sich gemäß der ständigen Rechtsprechung des BGH der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch.

Hat der zur Freistellung Verpflichtete seine Freistellungsverpflichtung, z.B. durch nicht rechtzeitige Erfüllung, verletzt, steht dem Freizustellenden nach den §§ 280 Abs. 1, 286 BGB ein Schadensersatzanspruch zu. Dieser Anspruch wird mindestens auf Ersatz dessen gerichtet sein, was der Freizustellende an den Dritten infolge der Pflichtverletzung des zur Freistellung Verpflichteten leisten musste.

Wichtig ist, dass der Freizustellende dem zur Freistellung Verpflichteten vor einer Zahlung an den Dritten ausreichend Gelegenheit zur Prüfung und ggf. zur Abwehr der Forderung gegeben hat. Hat er dies getan, ist der zur Freistellung Verpflichtete danach nicht mehr berechtigt, einzuwenden, der zur Freizustellende habe zu Unrecht an den Dritten geleistet. Denn er hat es wegen der Verletzung seiner Freistellungspflichten selbst zu vertreten, dass der zur Freistzustellende an den Dritten zahlen musste.

Besonders relevant: Auswirkungen des Freistellungsanspruchs auf eigene Zahlungspflichten des Freizustellenden gegenüber dem zur Freistellung Verpflichteten

Wenn der zur Freistellung Verpflichtete seine Freistellungsverpflichtung verletzt und dadurch den Freizustellenden im Ergebnis denjenigen Risiken aussetzt, vor denen er schützen soll,

stellt sich die gerade in Generalunternehmerfällen praxisrelevante Frage, welche Auswirkung diese Verletzung der Freistellungsverpflichtung auf eine etwaig offene Vergütung des Freizustellenden (= Generalunternehmer) gegenüber dem zur Freistellung Verpflichteten (= Subunternehmer) hat. Meist wird es in diesen Fällen so sein, dass der Auftraggeber (= der Dritte) seinerseits Vergütung gegenüber dem Generalunternehmer zurückhält.

Eine vertragliche Freihalteverpflichtung in baurechtlichen Generalunternehmerkonstellationen

muss in Umsetzung der oben zitierten BGH-Rechtsprechung auch das Freihalten von Einbehalten des Dritten umfassen. Denn wenn nämlich gemäß gefestigter BGH-Rechtsprechung Freihaltung bedeutet,

    • den Freizustellenden jeglichen Risikos einer Inanspruchnahme durch Dritte zu entheben, und
    • demgemäß ggf. auch die Abwehr einer solchen Inanspruchnahme zu übernehmen,

dann muss der zur Freistellung Verpflichtete selbstverständlich auch einen entsprechenden

Einbehalt dieses Dritten verhindern bzw. geeignet abwehren.

Im Ergebnis kann der Freizustellende daher Einbehalte des Dritten, die zumindest auch auf der Verletzung der Freihaltepflichten beruhen, an den zur Freistellung Verpflichteten weitergeben.

 

Discussing contract.

 

Fazit zu Sinn und Zweck von Freihaltepflichten

Freistellungsansprüche sind ein weitreichendes und auch flexibles Instrument gerade für Generalunternehmer, um das von ihnen typischerweise umfangreich übernommene Risiko um ein wesentliches Stück auf die beteiligten Subunternehmer zu verlagern.
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Der Verstoß gegen eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung kann schadensersatzpflichtig machen! – Zum Urteil des BGH vom 17.10.2019 (Az. III ZR 42/19)

Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

Leider ist es aber keine Seltenheit, dass der andere Vertragspartner im Streitfall von der Gerichtsstandsvereinbarung plötzlich nichts mehr wissen will. Hintergrund eines solchen an sich unredlichen Vorgehens ist – auf der Hand liegend – nicht zuletzt das Erpressungspotential, das sich mit einem solchen Vorgehen verbindet. Denn die sich – unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung – einer ausländischen Klage ausgesetzt sehende Partei ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen regelmäßig gezwungen, im Ausland über Anwälte tätig zu werden. Dies wiederum ist oftmals sehr teuer, wobei hierbei die USA das wohl prominenteste Beispiel darstellen.

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LEGAL+ meets Legal Tech: LEGAL+ startet Kooperation mit BlockAxs

 

 

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LEGAL+ meets Legal Tech: LEGAL+ startet Kooperation mit BlockAxs

Legal+ setzt ab sofort auf Legal Tech im Vertragsrecht und dabei auf die intelligente, auf künstlicher Intelligenz basierende digitale Vertragsmanagementlösung ContrAxs:

ContrAxs bildet den gesamten Lebenszyklus von juristischen Dokumenten ab. Dokumente können innovativ erstellt, schnell und innovativ verhandelt, digital signiert, automatisiert analysiert und am Ende durch smarte Visualisierung verwaltet werden.

Für die Mandaten von Legal+ bedeutet dies mehr Sicherheit und Effizienz bei der Erstellung, Verhandlung, Signatur und Verwaltung von Verträgen. Durch den Einsatz der Software erwartet Legal+  schnellere Prozesse, effizientere Abläufe und eine vereinfachte Bearbeitung von Vertragsdokumenten mit den Mandanten.

Wir sind davon überzeugt, dass der Einsatz von Software aus dem Feld der künstlichen Intelligenz unsere Beratungsleistungen für unsere Mandanten weiter verbessern wird. Unsere Mandanten werden nach unserer Überzeugung eine ganz neue Art der Zusammenarbeit im Vertragsmanagement genießen können.

Circuit board and AI micro processor, Artificial intelligence of digital human. 3d render

Über die BlockAxs GmbH:

Die BlockAxs GmbH (https://blockaxs.com) mit Sitz in Berlin ist ein deutsches Legal Tech-Start-Up.

Tätigkeitsschwerpunkt ist die Entwicklung eines Vertragsmanagementsystems für die Erstellung, die Verhandlung und wirksame digitale Signatur von Verträgen. BlockAxs verbindet juristisches Know-How mit disruptiver Technologie. Das Team hinter BlockAxs besteht zum Großteil aus Juristen und Informatikern. In engster Zusammenarbeit entstehen so hochtechnologische Module, die die tägliche Arbeit von Juristen beschleunigen und vor allem qualitativ verbessern.

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Der Verstoß gegen eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung kann schadensersatzpflichtig machen! – Zum Urteil des BGH vom 17.10.2019 (Az. III ZR 42/19)

Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

Leider ist es aber keine Seltenheit, dass der andere Vertragspartner im Streitfall von der Gerichtsstandsvereinbarung plötzlich nichts mehr wissen will. Hintergrund eines solchen an sich unredlichen Vorgehens ist – auf der Hand liegend – nicht zuletzt das Erpressungspotential, das sich mit einem solchen Vorgehen verbindet. Denn die sich – unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung – einer ausländischen Klage ausgesetzt sehende Partei ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen regelmäßig gezwungen, im Ausland über Anwälte tätig zu werden. Dies wiederum ist oftmals sehr teuer, wobei hierbei die USA das wohl prominenteste Beispiel darstellen.

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Corona und Vertragsrecht: Störungen von Verträgen

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Corona und Vertragsrecht: Störungen von Verträgen wegen des Corona-Virus

Das Corona-Virus zwingt weltweit Staaten dazu, mittels drastischer Maßnahmen der Ausbreitung des Virus zu begegnen. Dies hat gravierende Auswirkungen auf das Vertragsrecht. Viele dieser Maßnahmen führen nämlich dazu, dass Verträge von zumindest einer Partei nicht mehr erfüllt werden können. Die betroffenen Fälle sind zahllos. Einige Bespiele sind:

  • der Liefervertrag, der nicht bedient werden kann,
  • der Gewerbemietvertrag, der mangels Umsatzerzielung vom Mieter nicht mehr erfüllt werden kann,
  • die Urlaubsreise, die vom Veranstalter oder Leistungserbringer abgesagt werden muss,
  • der gerichtliche geschlossene Vergleich, der wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise seine Grundlage verloren hat und nicht mehr (zumutbar) erfüllt werden kann,
  • etc.

Die Kette der Beispiele ließe sich fast endlos fortführen. Jeweils stellt sich die Frage, wie die jeweilige Situation vertragsrechtlich gelöst werden kann. In aller Munde ist in diesen Tagen das Schlagwort „Höhere Gewalt“, das allerdings für sich wenig weiterhilft. So erscheint bereits fraglich, ob sich das Aufkommen des Corona-Virus überhaupt als ein Ereignis „Höherer Gewalt“ einordnen lässt.

Nachfolgender Beitrag will und kann keine Lösung für den Einzelfall bieten. Es werden vielmehr rechtliche Denkansätze aufgezeigt, deren Vertiefung im Einzelfall die Lösung bereiten kann. Die Abhandlung beschränkt sich dabei auf den Fall, dass der jeweilige Vertrag keine bzw. nur unzureichende Regelungen bereithält.

Clients come to seek advice for the law regarding privacy violations with the lawyer at the office.

Folgen des Corona-Virus für laufende Verträge – Fallgruppen

Als Folge des Corona-Virus kommen verschiedene Szenarien in Betracht. Die drei Hauptfälle sind die Folgenden:

  • Der Vertrag kann von einer Partei endgültig nicht erfüllt werden (Beispiele: Flugausfall, Konzert-Absage, Absage von Messen, etc.).
  • Vorübergehend ist die Vertragserfüllung behindert (Prominentes Beispiel hierzu: Mieter kann mangels Umsatz Gewerbemiete vorübergehend nicht mehr bezahlen.).
  • Ein Vertrag ist zwar noch erfüllbar, seine Durchführung erscheint aber für zumindest eine Partei infolge der Corona-Auswirkungen nicht mehr zumutbar.

Corona und Vertragsrecht: Relevante rechtliche Grundprinzipien

Bei der Bewertung eines jeden Einzelfalles ist zunächst die Berücksichtigung folgender rechtlicher Grundprijzipien hilfreich.

 „pacta sunt servanda“ – Grundsatz der Vertragstreue

Oberstes, zugleich das allgemeinste Grundprinzip ist die Vertragstreue. Verträge sind grundsätzlich einzuhalten („pacta sunt servanda“).

Nach Vertragsschluss aufkommende, nicht bedachte bzw. einkalkulierte Erschwernisse der Leistungserbringung ändern an der übernommenen Leistungspflicht grundsätzlich nichts. Ausnahmen hiervon bedürfen daher einer besonderen Rechtfertigung.

„do ut des“-Prinzip bei gegenseitigen Verträgen  – § 326 BGB

Bei gegenseitigen Verträgen führt die Unmöglichkeit der Leistungserbringung eine Partei grundsätzlich dazu, dass diese von ihrer Leistungspflicht frei wird. Gleichzeitig verliert sie damit aber auch ihren Anspruch auf die Gegenleistung.  Dies kommt in  § 326 Abs. 1 S. 1 BGB zum Ausdruck:

„Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung (…)“

Ergänzende Vertragsauslegung und Störung der Geschäftsgrundlage

Enthält der betroffene Vertrag betreffend des fraglichen Umstandes eine Lücke, die durch (ergänzende) Vertragsauslegung nach den Grundsätzen der Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens (§§ 133, 157, 242 BGB) geschlossen werden kann, so hat dieser Lösungsansatz stets Vorrang vor etwaigen „Not-Instrumenten“ wie insbesondere die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB.

In der Rechtsprechung wird zu Recht immer wieder hervorgehoben, eine klare Abgrenzung zwischen ergänzender Vertragsauslegung und dem Institut der Störung der Geschäftsgrundlage kaum möglich sei.

Jedenfalls ist die getroffene rechtsgeschäftliche Regelung stets vorrangig zu berücksichtigen. In der Rechtsliteratur (vgl. Flume, BGB AT II, Das Rechtsgeschäft, 4. Auflage, 1992, Seite 326 f.) wird dabei zutreffend darauf hingewiesen, dass die Auslegung eines Vertrages nicht den Sinn haben kann, aus einem

  • „ungerechten“ Vertrag einen „gerechten“ zu machen,
    oder
  • „… die Vergesslichkeit oder Unbedachtsamkeit eines Vertragspartners bei der Stipulierung eines Rechtsgeschäfts dadurch zu korrigieren, dass sie (sc. die ergänzende Auslegung) zu Gunsten dieses Vertragspartners nachträglich die Regelungen in den Vertrag einführt, die er zwar, wenn er gut beraten gewesen wäre, zum Gegenstand des Vertrages gemacht hätte, aber eben nicht zum Gegenstand des Vertrages gemacht hat.

Schon aus dieser zutreffenden Einsicht ergibt sich, dass ein zu ermittelnder hypothetischer Parteiwille Vorrang vor einer „allgemeinen Interessenabwägung“ auf der Grundlage eines Vorverständnisses des Richters haben muss, die eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über die Geschäftsgrundlage bestimmt.

Corona und Vertragsrecht – Mögliche Lösungen der oben genannten Fallgruppen

Unter Berücksichtigung der vorstehend zusammenfassend beschriebenen Grundsätze und rechtlichen Instrumente ergeben sich nachfolgende Lösungsansätze.

Corona und Vertragsrecht – Fall 1: Ein Vertrag kann von einer Partei endgültig nicht erfüllt werden

Mangels anderslautender vertraglicher Regelung dürfte die Lösung in der Fallkonstellation 1 meist eindeutig sein:

Der Vertragspartner, der wegen höherer Gewalt endgültig nicht leisten kann, ist von seiner Leistungspflicht befreit, § 275 Abs. 1 BGB. Infolgedessen verliert er den Anspruch auf die vereinbarte Gegenleistung (= in der Regel: Vergütung), § 326 Abs. 1 S. 1 BGB. Mangels eines Verschuldens kommen Schadensersatzansprüche des Gläubigers regelmäßig nicht in Betracht.

Corona und Vertragsrecht – Fall 2: Ein Vertrag kann vorübergehend nicht erfüllt werden

Soweit kein sog. Fixgeschäft vorliegt, und die von der Höheren Gewalt betroffene Leistung voraussichtlich später nachgeholt werden kann, ist die Situation komplexer:

Insbesondere in dieser oft anzutreffenden Konstellation zeigt sich der Vorteil der Vereinbarung von Höhere Gewalt-Klauseln, in denen regelmäßig  vereinbart ist, wie mit Situationen umgegangen werden soll.

Primärer Lösungsansatz: Ergänzende Vertragsausslegung

Fehlt es hieran, kommt wie oben beschrieben zunächst die ergänzende Vertragsauslegung zum Tragen. Oftmals finden sich in Verträgen allgemein gehaltene Vereinbarungen, denen besondere Treue- und/oder Kooperationspflichten entnommen werden können. Über diesen Umweg lassen sich oftmals Ergebnisse erzielen, wie sie in Höhere Gewalt Klauseln ausdrücklich vorgesehen sind.

Namentlich zu nennen ist Pflicht zu gemeinsamen Anstrengungen zur beidseitigen Schadensbegrenzung. Gegenseitige Schadensersatzansprüche dürften mangels Verschulden auch ohne entsprechende vertragliche Regelung regelmäßig ausgeschlossen sein.

Notfalls: Rückgriff auf die Grundsätze zur Störung der Geschäftsgrundlage

Schwieriger zu beurteilen ist die Frage, wann die Leistungspflicht des betroffenen Schuldners endgültig entfällt mit der Folge, dass auch die andere Partei endgültig nicht zu leisten braucht.Hier kann das Instrument der Störung der Geschäftsgrundlage weiterhelfen. In § 313 Abs. 1 BGB heißt es:

  • „Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und
  • hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten,
  • so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.“

Ergänzend bietet auch das Leistungsverweigerungsrecht des § 275 Abs. 2 BGB Hilfe bei der Lösungsfindung:

„Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.“

Im Zusammenspiel obiger gesetzlicher Regelungen dürfte sich für den betroffenen Schuldner dann, wenn ein Fortfall des Leistungshindernisses nicht absehbar ist , ein Anspruch auf einvernehmliche Vertragsaufhebung ergeben.Dies beruht darauf, dass für den Schuldner ein Festhalten an den ursprünglich vereinbarten Leistungspflichten nicht zumutbar erscheint.

Schadensersatzpflicht bei Leistungsfreiheit?

Nicht beantwortet ist damit freilich die Frage, ob der Gläubiger für die „Entlassung“ des Schuldners aus seiner Leistungspflicht ein Schadensersatzanspruch zuzusprechen ist. Dagegen spricht, dass den Schuldner kein Verschulden anzulasten ist. Dafür spricht, dass die Leistung grundsätzlich noch erbracht werden kann und das Fehlen einer vertraglichen Regelung tendenziell dafür spricht, dass der Schuldner das fragliche Risiko (Pandemie) trägt. Hierbei ist nicht zu vergessen, dass das in Rede stehende Risiko nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegt. Nicht ohne Grund sind Höhere Gewalt-Klauseln auch eher Regel als Ausnahme im Vertragsrecht.

Nach allem dürften die jeweiligen Umstände des Einzelfalles der Ausschlag geben.

Corona und Vertragsrecht – Fall 3: Ein Vertrag ist zwar noch erfüllbar, seine Durchführung erscheint für eine Partei aber nicht mehr zumutbar.

Die Fallkonstellation, wonach sich

  • ein Vertrag trotz Corona-Behinderungen zwar als später noch erfüllbar darstellt,
  • seine (spätere) Durchführung für zumindest eine Partei aber nicht mehr zumutbar erscheint,

zeigt im Besonderen, wie wichtig auch Eventualitäten wie „Corona“ berücksichtigende Vertragsklauseln sein können. Fehlt es hieran, hilft wiederum § 275 Abs. 2 BGB weiter, der auf das Gebot von Treu und Glauben und auch darauf abstellt, ob im Falle der Leistungserbringung eines „grobes Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers“ bestünde.

Im konkreten Fall wäre also zu untersuchen, ob der betroffene Schuldner, für den die Leistungserbringung infolge der Corona-Auswirkungen zwar möglich, aber deutlich erschwert wäre, sich mit Erfolg auf das vorbeschriebene Leistungsverweigerungsrecht aus § 275 Abs. 2 BGB berufen kann.

 

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Fazit zu Corona im Vertragsrecht: Störungen von Verträgen infolge des Corona-Virus bedürfen meist einer Einzelfall-Bewertung

Die möglichen Sachverhaltskonstellationen sind schier endlos. Musterlösungen hält das Gesetz nicht parat, wobei auch bei Vorhanden von Force Majeure Klauseln eine konkrete Lösung kaum „auf der Hand liegen“ dürfte. Meist dürfe die Lösungsfindung nur unter genauer Untersuchung aller Umstände des Einzelfalles möglich sein. Dies hat mittlerweile auch der BGH in ersten Corona-Urteilen bestätigt, vgl. dazu diesen Beitrag.

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Bundestag beschließt massive Beschränkung der Vertragsfreiheit

 

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Gute Nacht, Vertragsfreiheit - Bundestag beschließt massive Beschränkung der Vertragsfreiheit 

 

Der Bundestag beschließt massive Beschränkung der Vertragsfreiheit. Das Bundesjustizministerium hat sich damit mit seinem Plan durchgesetzt, Laufzeiten von Verbraucherverträgen auf maximal ein Jahr zu begrenzen.

Lesen zu diesem nun ernst gewordenen Gesetzesvorhaben, insbesondere hinsichtlich der sich hieraus ergebenen höchst fragwürdigen Einschränkungen der Vertragsfreiheit meinen Beitrag vom 6. September 2019.

Den vom Bundestag beschlossenen Gesetzesentwurf können sie hier abrufen.

Der Gesetzentwurf zur Beschränkung der Vertragsfreiheit

Wie schon in meinem Beitrag vom 6. September 2019 kommentiert, bedeutet die nun beschlossene (weitere) Beschränkung der Möglichkeit, Verträge mit einer Bindungsdauer von zumindest zwei Jahren abzuschließen, eine massive Beschneidung der Vertragsfreiheit. Eine Rechtfertigung ist auch dem nun vorliegenden Gesetzentwurf nicht zu entnehmen. Im Gegenteil, er offenbart ein erhebliches Fehlverständnis der Vertragsfreiheit und ihrer positiven Bedeutung für Verbraucher und Wirtschaft. Auch setzt sich darin die Linie der Politik fort, Verbrauchern ihre Mündigkeit abzusprechen. Im Gesetzentwurf heißt es bezeichnender Weise:

„(…) In vielen Bereichen, in denen unbefristete Verträge früher üblich waren, werden heute Verbrauchern zu guten Konditionen oft nur noch Verträge mit zweijähriger Laufzeit angeboten, die sich automatisch verlängern, wenn der Verbraucher sie nicht rechtzeitig kündigt. Die bislang vorgesehenen Beschränkungen bei Laufzeiten sind nicht mehr sachgerecht. Die lange Vertragsbindung hemmt den Wechsel der Verbraucher zu einem anderen Anbieter und damit den Wettbewerb. Die Klauseln zur Vertragsverlängerung werden von Verbrauchern übersehen oder vergessen. Durch die Beschränkung der Laufzeit auf ein Jahr, die Verkürzung der automatischen Verlängerung und eine kürzere Kündigungsfrist von einem Monat soll der Verbraucher hinsichtlich der Wahlfreiheit hinsichtlich seines Vertragspartners gestärkt und der Wettbewerb gefördert werden. (…)“

 

Bewertung

Das Bundejustizministerium sollte sich einmal überlegen, ob durch das nun beschlossene Gesetz nicht sogar das Gegenteil dessen bewirkt wird, was damit vermeintlich beabsichtigt ist. Denn durch das Verbot längerer Laufzeiten werden die bisherigen Möglichkeiten der Vertragsgestaltung massiv eingeschränkt. Konnten die Beteiligten bisher noch an die jeweiligen Bedürfnisse angepasste Vertragsgestaltungen vereinbaren, werden durch die geplanten Beschränkungen Wettbewerb und Wahlfreiheit in Wahrheit erheblich eingeschränkt. Verlierer des Gesetzesvorhabens sind damit fast alle Beteiligten. „Gewinner“ sind allenfalls diejenigen Verbraucher, die Kündigungsfristen „vergessen“. Die Schutzwürdigkeit dieser Gruppe erscheint höchst fragwürdig, wenn man bedenkt, dass die Betroffenen, die eine Kündigung nach zweijähriger Vertragslaufzeit „vergessen“ haben, zuvor von zumeist sehr attraktiven Vertragskonditionen profitiert hatten. Künftig wird es Dank dieser Gruppe der „Vergesser“ die  vorerwähnten attraktiven Vertragskonditionen für niemanden mehr geben.

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Der Verstoß gegen eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung kann schadensersatzpflichtig machen! – Zum Urteil des BGH vom 17.10.2019 (Az. III ZR 42/19)

Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

Leider ist es aber keine Seltenheit, dass der andere Vertragspartner im Streitfall von der Gerichtsstandsvereinbarung plötzlich nichts mehr wissen will. Hintergrund eines solchen an sich unredlichen Vorgehens ist – auf der Hand liegend – nicht zuletzt das Erpressungspotential, das sich mit einem solchen Vorgehen verbindet. Denn die sich – unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung – einer ausländischen Klage ausgesetzt sehende Partei ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen regelmäßig gezwungen, im Ausland über Anwälte tätig zu werden. Dies wiederum ist oftmals sehr teuer, wobei hierbei die USA das wohl prominenteste Beispiel darstellen.

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Gesetz zur Begrenzung von Vertragslaufzeiten – Gute Nacht, Vertragsfreiheit ?

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Gesetz zur Begrenzung von Vertragslaufzeiten - Gute Nacht, Vertragsfreiheit ?

 

Das Bundesjustizministerium macht mit seinem Plan zur Begrenzung von Vertragslaufzeiten ernst. Mitte August 2019 wurde über die Presse öffentlich, dass das Gesetzesvorhaben zum „Schutz vor Kostenfallen“ weit fortgeschritten sei. Inhaltlich geht es dabei u.a. um die durchaus begrüßenswerte Beseitigung diverser Missstände (z.B. im Bereich Telefonwerbung). Weiterer, weniger begrüßenswerter Gegenstand des Vorhabens ist Begrenzung von Vertragslaufzeiten in bestimmten Branchen, z.B. in den Bereichen Mobilfunk und Energieversorgung. Der entsprechende Gesetzentwurf sei auf der Zielgeraden.

Betrachtet man das Gesetzesvorhaben näher, kommen hinsichtlich der geplanten Laufzeitenbegrenzung aus juristischer Sicht erhebliche Bedenken auf. Das geplante Gesetz schränkt die Vertragsfreiheit als elementarem Bestandteil der grundgesetzlich geschützten Privatautonomie elementar ein. Die erforderliche Rechtfertigung dieser Beschneidung der Vertragsfreiheit ist nicht ersichtlich.

Der Plan des Bundesjustizministerium zur Begrenzung von Vertragslaufzeiten

Gemäß seinem Eckpunktepapier „Schutz vor Kostenfallen“ plant das Bundesjustizministerium folgende Änderungen:

„Das Vertragslaufzeiten und –verlängerungen betreffende Klauselverbot in § 309 Nummer 9 BGB soll dahingehend geändert werden, dass durch AGB künftig keine längere Laufzeit als ein Jahr vereinbart werden kann. Eine automatische Verlängerung des Vertrages soll nur noch um jeweils drei Monate möglich sein, wenn nicht spätestens einen Monat vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gekündigt wird.“

Die Rechtfertigung des Vorhabens gemäß dem Eckpunktepapier „Schutz vor Kostenfallen“

Das Bundesjustizministerium rechtfertigt das geplante Vorhaben in seinem Eckpunktepapier „Schutz vor Kostenfallen“ wie folgt:

  • „Das strukturelle Ungleichgewicht zwischen Wirtschaft und Verbrauchern führt häufig dazu, dass (…) Verbraucher sich auf vertragliche Regelungen einlassen müssen, die nicht interessengerecht bzw. heute nicht mehr zeitgemäß sind. Oft ist dann der Ärger groß.“

  • „Verbraucher haben bei Verträgen über Warenlieferungen, Dienst- oder Werkleistungen regelmäßig kein großes Interesse an langen vertraglichen Bindungen.“

  • „Die derzeit möglichen zweijährigen Laufzeiten von Verträgen und die automatische Verlängerung des Vertrags um jeweils ein weiteres Jahr sind nicht mehr interessengerecht. Ein besonderes verbraucherpolitisches Ärgernis stellen die Verlängerungsklauseln in AGB dar. Sie werden von vielen Verbrauchern schlicht übersehen oder geraten wieder in Vergessenheit, so dass nicht mehr gewollte Verträge sich oft gegen den Willen der Verbraucher um weitere Jahre verlängern, weil eine rechtzeitige Kündigung versäumt wurde.“

 

Rechtliche Beurteilung des Vorhabens

Meines Erachtens ist die geplante Laufzeitenbegrenzung von Verträgen mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht zu vereinbaren. Die vom Bundesjustizministerium herangezogenen Argumente vermögen die geplante Einschränkung nicht zu rechtfertigen:

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit

Unter Vertragsfreiheit ist das Recht eines jeden Individuums zu verstehen, frei darüber zu entscheiden

  • einen Vertrag zu schließen (sog. Abschlussfreiheit), sowie
  • frei über den Inhalt eines Vertrages zu entscheiden (sog. Gestaltungsfreiheit).

Die Vertragsfreiheit ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, sie gehört zum verfassungsrechtlich geschützten Prinzip der Privatautonomie, wonach jedem Einzelnen das Recht eingeräumt ist, seine privaten Lebensverhältnisse frei zu gestalten.

Bestandteil hiervon ist die Freiheit, Verträge zu schließen und auch ihren Inhalt zu bestimmen. Um Letzteres geht es vorliegend.

Zulässige Einschränkungen der Vertragsfreiheit

Beide Ausprägungen der Vertragsfreiheit – also Abschlussfreiheit und Gestaltungsfreiheit – unterliegen anerkanntermaßen Beschränkungen.

So existiert in bestimmten Sachverhaltskonstellationen ein Kontrahierungszwang. Als Beispiel lässt sich die KFZ-Haftpflichtversicherung nennen. Dort besteht für die Versicherungsunternehmen nach § 5 Pflichtversicherungsgesetz ( mit dort geregelten Einschränkungen) ein Kontrahierungszwang. Die Erforderlichkeit liegt hier auf der Hand.

Auch die Gestaltungsfreiheit unterliegt zum Schutz höherwertiger Interessen gewissen Beschränkungen. So gibt es in diversen Rechtsbereichen gesetzliche Regelungen, die zwingender Natur sind und vertraglich nicht abbedungen werden können, solche Regelungen finden sich beispielsweise im AGB-Recht, das in erster Linie zum Schutze der Verbraucher bestimmte Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für nichtig erklärt. Weitere Einschränkungen ergeben sich aus gesetzlichen Formzwängen (Schriftform, notarielle Form etc.) sowie der gesetzlichen Nichtigkeitsanordnung bezüglich solcher Regelungen, die gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder gesetzliche Verbote (§ 134 BGB) verstoßen.

Keine Rechtfertigung der geplanten Beschränkung der Gestaltungsfreiheit ersichtlich

Wie eingangs ausgeführt, lässt sich meines Erachtens die geplante Begrenzung von Vertragslaufzeiten nicht ansatzweise rechtfertigen:

Gesetz betrifft alle künftigen Verträge der betroffenen Branchen

Zunächst ist vor Augen zu führen, dass das AGB-Recht nicht nur das sprichwörtlich „Kleingedruckte“ betrifft. In der Praxis – gerade in den hier betroffenen Branchen – unterfällt im Ergebnis jeder Vertrag dem AGB-Recht, da es schlicht nicht umsetzbar wäre, mit jedem Verbraucher Vertragslaufzeiten individualvertraglich zu vereinbaren. Kurz: Das Gesetzesvorhaben umfasst faktisch jeden künftigen Vertrag der betroffenen Branchen.

Vollständiger Fortfall der Option von 2-Jahres-Verträgen

Dies hat zur Folge, dass künftig die Option zum Abschluss eines Zwei-Jahres-Vertrages, der sich bei fehlender Kündigung jeweils um ein Jahr verlängert, nicht mehr zur Verfügung steht.

Womit ist zu rechtfertigen, dass man den Parteien diese Option nimmt? Meines Erachtens durch nichts:

Vertragsfreiheit bedeutet, dass die Parteien in den Grenzen der guten Sitten und der anerkannten allgemeinen die Vertragsfreiheit begrenzenden Gesetze selbst bestimmen können (und auch müssen), was für sie subjektiv richtig ist. Diese Entscheidung kann und darf ihnen niemand abnehmen.

Der Gesetzgeber, soweit er denn an der Privatautonomie festhalten will, muss diese Selbstbestimmung der Rechtssubjekte achten und darf sich nicht – z.B. getrieben von politischen Stimmungen – dazu verleiten lassen, durch die Vertragsfreiheit (unzulässig) begrenzende Gesetze seinerseits zu bestimmen, was richtig ist.

„Verbraucherschutz“ als nur vorgeschobenes Motiv zur Begrenzung Vertragslaufzeiten

Der Verbraucherschutz ist ein im Grundsatz nicht anzuzweifelndes Motiv für die Einschränkung der Vertragsfreiheit. Verbraucherschutz darf aber nicht missbräuchlich – wie meines Erachtens im vorliegenden Fall – vorgeschoben werden, um politisch getriebene Vorhaben zu rechtfertigen.

Das Bundesjustizministerium ist nach eigenen Angaben der Meinung, Laufzeiten von zwei Jahren seien „unfair“ und für die Verbraucher ein „Ärgernis“. Es übersieht dabei, dass den Verbrauchern in allen ins Visier genommenen Branchen (Mobilfunk, Energieversorgung etc.) unterschiedlichste Vertragsmodelle von einer Vielzahl von Anbietern zur Wahl stehen. Insbesondere haben Verbraucher stets die Möglichkeit, Verträge auch ohne jede Bindung einzugehen. Umgekehrt steht ihnen – jedenfalls bislang – zur Wahl, Bindungen einzugehen und im Gegenzug oft erhebliche Vorteile gewährt zu bekommen (z.B. deutlich günstigere Konditionen, vergünstigte Hardware etc.). Mit anderen Worten: Der Verbraucher kann heute zwischen einer Vielzahl von Vertragsmodellen wählen und selbst entscheiden, was für ihn „richtig“ ist. Hierzu gehört auch die allein von ihm – dem Verbraucher – obliegende Einschätzung der Nachteile, die mit einer Vertragsbindung einhergehen. Es kann daher aus gesetzgeberischer Sicht keine Relevanz haben, dass sich Verbraucher nach einiger Zeit über eine bestehende, vor einiger Zeit bewusst eingegangene Vertragsbindung „ärgern“ mögen.

Wettbewerbsrecht bietet bereits hinreichenden Schutz

Schutz bedarf der Verbraucher nach allem nur insoweit, dass er durch ein Vertragsangebot nicht Irre geführt wird, z.B. indem für ihn wesentliche Vertragskonditionen nicht hinreichend erkennbar sind. Hierfür ist allerdings das Wettbewerbsrecht zuständig, das dieser Aufgabe seit jeher hinreichend gerecht wird.

Fazit

Das geplante „Kostenfallen-Gesetz“ bedeutet im Hinblick auf die Begrenzung von Vertragslaufzeiten eine nicht zu rechtfertigende (weitere) Beschneidung der Vertragsfreiheit und einen weiteren Schritt in Richtung einer politisch gewollten oder zumindest billigend in Kauf genommenen Verabschiedung vom Grundsatz der Privatautonomie.

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Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

Leider ist es aber keine Seltenheit, dass der andere Vertragspartner im Streitfall von der Gerichtsstandsvereinbarung plötzlich nichts mehr wissen will. Hintergrund eines solchen an sich unredlichen Vorgehens ist – auf der Hand liegend – nicht zuletzt das Erpressungspotential, das sich mit einem solchen Vorgehen verbindet. Denn die sich – unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung – einer ausländischen Klage ausgesetzt sehende Partei ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen regelmäßig gezwungen, im Ausland über Anwälte tätig zu werden. Dies wiederum ist oftmals sehr teuer, wobei hierbei die USA das wohl prominenteste Beispiel darstellen.

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