„Wissen ist Macht.“
Francis Bacon
Das Handeln von Vorstand der AG oder Geschäftsführung der GmbH steht auch im Fokus des Ordnungsrechts. So finden sich auch auf ordnungsrechtlicher Ebene bußgeldbewährte rechtliche Rahmenbedingungen des Geschäftsleiterhandelns. Zu nennen ist insbesondere die ordnungsrechtliche Aufsichtspflicht, §§ 30, 130 OWiG.
§ 130 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) bestimmt:
(1) Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.
(2) …
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn die Pflichtverletzung mit Strafe bedroht ist, mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden. Ist die Pflichtverletzung mit Geldbuße bedroht, so bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. Satz 2 gilt auch im Falle einer Pflichtverletzung, die gleichzeitig mit Strafe und Geldbuße bedroht ist, wenn das für die Pflichtverletzung angedrohte Höchstmaß der Geldbuße das Höchstmaß nach Satz 1 übersteigt.”
Dabei kann sowohl gegen das Mitglied der Geschäftsleitung, das die Aufsichtspflicht verletzt, als auch gegen das Unternehmen eine Geldbuße verhängt werden.
Die nicht zu unterschätzenden Anforderungen, die sich aus vorgenannten Bestimmungen (§§, 130, 30, 9 OWiG) ableiten, sind beispielhaft einem Urteil des Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) aus 2001 (NJW 2002, 766) zu entnehmen. Gegenstand dieses Urteils war die Notwendigkeit von Einfuhrgenehmigungen für Textilien (Sweatshirts, Kinderbekleidung, T-Shirts und Blusen) ging. Das BayObLG hat ausgeführt:
„Der Unternehmer kann sich seiner Überwachungspflicht gem. § 130 Abs. 1 OWiG nicht dadurch vollständig entziehen, dass er in seinem Betrieb eine Aufsichtsperson mit der Überwachung der Beschäftigten beauftragt. Kennt oder versteht der Betriebsinhaber wesentliche für seinen Geschäftsbetrieb geltende Bestimmungen nicht, so muss er sich zur Erfüllung seiner Überwachungspflicht entweder die für die Überwachungsaufgabe erforderlichen Kenntnisse verschaffen, um seiner Pflicht selbst nachkommen zu können, oder er hat ein innerbetriebliches Kontrollsystem zu organisieren, das er extern, etwa durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, überwachen lässt.
(…)
Denn derartige Kontrollen decken im Allgemeinen rechtzeitig sich anbahnende Verstöße auf. Zudem arbeitet ein Beschäftigter in aller Regel sorgfältiger, wenn er weiß, dass er überwacht wird.“
Zur Häufigkeit der nach seiner Ansicht erforderlichen Kontrollen äußert sich das BayObLG (in Abweichung zu der Entscheidung in erster Instanz) dann wie folgt:
„Unzutreffend ist ferner die Auffassung des Amtsrichters, dass der Geschäftsführer seiner Aufsichtspflicht mit einer Kontrolle des Zeugen in der Form einer stichprobenweisen Überprüfung durch einen sachkundigen Dritten „höchstens einmal jährlich“ genügt hätte. … Erforderlich ist deswegen mindestens eine Kontrolle, die einen so erheblichen Teil der Tätigkeit des Personals erfasst, dass sie zum einen von ihm als Kontrolle wahrgenommen wird und zum anderen geeignet ist, mit erheblicher Wahrscheinlichkeit etwaige Verstöße aufzudecken. Demgemäß werden auch in Betrieben, in denen sich das Personal als zuverlässig erwiesen hat, nur einfache Vorschriften zu beachten sind und die Gefahr von Verstößen höchstens als durchschnittlich einzustufen ist, mindestens monatliche Kontrollen durchzuführen sein.“
Wenn bereits Verstöße vorliegen, hält das BayObLG noch weitergehende Kontrollen für geboten. Die gesteigerte Überwachungspflicht nach vorgekommenen Verstößen oder bei wichtigen Schutzgütern und schwierigen Rechtsfragen ist ganz einhellige Meinung.
Gesteigerte Überwachungspflicht bei Verstößen
Aufsichtspflichtverletzung nur dann, wenn Aufsichtsmaßnahmen den fraglichen Verstoß tatsächlich verhindert hätten
Allerdings sind vor der Feststellung einer Aufsichtspflichtverletzung erhebliche Anforderungen daran zu stellen, dass die Aufsichtsmaßnahmen die Verstöße tatsächlich verhindert hätten, wie eine Entscheidung des OLG Frankfurt (NJW-RR 1993, 23) zeigt:
„Insoweit reicht allein die Feststellung, dass die unterlassene Aufsichtsmaßnahme der Gefahr von Zuwiderhandlungen weitgehend vorgebeugt hätte, nicht aus. Vielmehr muss geprüft werden, welche konkrete Wirkung die einzelnen zumutbaren, aber pflichtwidrig unterlassenen Aufsichtsmaßnahmen entfaltet hätten und ob dadurch die Zuwiderhandlung mit hinreichender Sicherheit vermieden worden wäre (vgl. BGH, WuW/E 1799 (1800) – Revisionsabteilung).“
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